Sittenwidriger Lohn für rumänischen Familienvater

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Urteil: 3,88 Euro Stundenlohn für Haushaltshilfe ist sittenwidrig

26.06.2014

Ein Stundenlohn in Höhe von 3,88 Euro für eine Haushaltshilfe ist sittenwidrig. Das urteilte das Frankfurter Sozialgericht (SG). Im konkreten Fall hatte ein Wohnungsbesitzer einen rumänischen Familienvater nach Bedarf für Tätigkeiten im Haushalt beschäftigt und dafür weniger als vier Euro pro Stunde gezahlt. Als der Mann beim Jobcenter einen Antrag auf aufstockende Hartz IV-Leistungen stellte, lehnte das Amt den Antrag mit der Begründung ab, dass er weniger als 200 Euro verdiene und damit kein Arbeitsverhältnis bestehe. Da das SG den Lohn als sittenwidrig beurteilte, legte es stattdessen den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde zugrunde, so dass sich ein Anspruch auf Hartz IV für den rumänischen Familienvater ergab.

SG bestätigt Hartz IV-Anspruch rumänischer Familie
Der Mann hatte nach eigenen Angaben je nach Bedarf mindestens sechs Stunden pro Woche für den Wohnungseigentümer gearbeitet und ein monatliches Arbeitsentgelt von 100 Euro erhalten. Demnach lag der Stundenlohn bei höchstens 3,88 Euro.

Die rumänische Familie kam 2013 nach Frankfurt und lebte zunächst in einer Gartenlaube ohne fließendes Wasser und Heizung. Nachdem das Jugendamt auf die Wohnsituation aufmerksam wurde, nahm es die Kinder in Obhut. Schließlich zog die Familie in eine Wohnung, dessen Eigentümer der Arbeitgeber des Familienvaters war. Der Wohnungseigentümer erklärte vor Gericht, dass die Familie zuvor fast ausschließlich vom Sammeln von Pfandflaschen gelebt habe. Der Job als Haushaltshilfe brachte dem Familienvater ein regelmäßiges Einkommen, von dem die Familie aber nicht leben konnte. Deshalb stellte der Mann einen Antrag auf Hartz IV, das jedem EU-Bürger zusteht, der mindestens drei Monate lang in Deutschland gearbeitet hat. Diese Regelung ist strittig und wird derzeit vom Europäischen Gerichtshof geprüft. Das Jobcenter lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass sich die Familie ausschließlich zum Zweck der Arbeitssuche in der Bundesrepublik aufhalte. Darüber hinaus monierte das Amt, dass der Mann unter 200 Euro pro Monat verdiene und deshalb auch kein Arbeitsverhältnis vorliege, das ihn zum Bezug aufstockender Sozialleistungen berechtige.

In einem Eilbeschluss widersprach das SG dem Ablehnungsbescheid des Jobcenters. Es legte den geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro zugrunde und ermittelte damit ein deutlich höheres Arbeitsentgelt, das über der vom Jobcenter gezogenen Grenze lag. Da er dadurch als Arbeitnehmer anzusehen sei, habe er auch Anspruch auf Hartz IV, urteilte das Gericht. Inwieweit der Lohn des Mannes tatsächlich sittenwidrig sei, müsse jedoch im Hauptsachverfahren geklärt werden. (ag)

Bild: Matschka, Pixelio.de

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