Sanktionen weil das Jobcenter nichts vermerkte

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Streit um knapp 120€: Jobcenter sanktioniert Heilbronner Hartz IV-Bezieher zu Unrecht – Gericht lehnt Vertagung und Beweisantrag auf Vernehmung diverser Mitarbeiter des Jobcenters ab!
Der 44jährige schwerbehinderte Heilbronner H. steht seit Jahren im SGB II-Leistungsbezug. Bestellte ihn das Jobcenter Stadt Heilbronn ein, kam er dem in der Vergangenheit stets nach. Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache Mitte August 2015 genehmigte ihm das Jobcenter eine Ortsabwesenheit („Urlaub“) bis 27. August 2015 und forderte ihn auf, sich am Vormittag des Folgetags (28. August) am Empfangstresen des Jobcenters zurückzumelden. Dass H. an jenem Tag vorsprach, ist in den Akten des Jobcenters nicht vermerkt. Obwohl H. im weiteren Verlauf geltend machte, sich pflichtgemäß zurückgemeldet zu haben (dies könne sein Bekannter, Rentner B., bezeugen), senkte das Jobcenter die SGB II-Leistungen des H. wegen eines „Meldeversäumnisses“ um knapp 120 € ab.

Die hiergegen gerichtete Klage war nach Anhörung des H. und eingehender Zeugenvernehmung des B. erfolgreich: Der (nicht im Hartz IV-Bezug stehende) Zeuge habe sich glaubhaft, wahrhaftig und authentisch daran zu erinnern vermocht, seinen Bekannten H. am fraglichen Vormittag bei dessen Vorsprache im Jobcenter begleitet zu haben, um ihn anschließend in eine nahegelegene Pizzeria zum Essen einzuladen.

Es könne offen bleiben, aus welchen Gründen die Rückmeldung des H. in den Akten des Jobcenters nicht vermerkt worden sei; womöglich hänge dies damit zusammen, dass H. an jenem Tag auch noch Fragen zur Weiterbewilligung seiner SGB II-Leistungen gehabt habe. Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Jobcenters, den Gerichtstermin zu vertagen und diverse, offensichtlich im Wechsel am Empfang eingesetzte Mitarbeiterinnen als Zeuginnen zu vernehmen, lehnte das Gericht ab: Denn es werde als wahr unterstellt, dass sich keine der benannten Mitarbeiterinnen an eine Vorsprache des H. am 28. August letzten Jahres erinnern könne; vielmehr erscheine es unter Berücksichtigung der zahlreichen täglichen Kundenkontakte im Empfangsbereich des Jobcenters und angesichts des begrenzten menschlichen Erinnerungsvermögens nur natürlich, dass ein dort eingesetzter Mitarbeiter sich nach rund einem dreiviertel Jahr nicht mehr an eine einzelne Vorsprache des H. zu erinnern vermöge. Az.: S 11 R 4362/15 (H. ./. Jobcenter Stadt Heilbronn).

Bild: 3dkombinat – fotolia

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