Neue Rechtsprechung zum P-Konto

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03.07.2012

Zur Berechnung des einem Gläubiger auszubezahlenden Pfändungsbetrages eines Schuldners mit einem P-Konto entsprechend §850k Absatz (1) Satz 3 ZPO muß die Bank nicht alle Verfügungen dieses Schuldners bis zum Ablauf des Monats in der Definition des §192 BGB („… unter Ende des Monats der letzte Tag des Monats verstanden“) berücksichtigen, sondern kann als Grundlage dieser Berechnungen ein nach eigenem Gutdünken willkürlich selbst festgelegtes Datum verwenden und alle dabei nicht berücksichtigte Verfügungen mit eigentlicher Wertstellung im alten Monat willkürlich in den neuen Monat übertragen.

Zur Bedeutung dieser Entscheidung
Es ist die erste hier bekannte Entscheidung in der Bundesrepublik Deutschland im Sachverhalt zu einer Pfändung nach § 850k Absatz (1) Satz 3 ZPO iVm § 850c ZPO, bei dem einer Bank, hier der Stadtsparkasse Magdeburg, richterlich bestätigt wird, die Berechnung von Pfändungsbeträgen nicht nach der Wertstellung von Geldverfügungen (Gutschriften, Lastschriften) bis zum Ablauf des letzten Tages des Monats um 23:59 Uhr, sonder zu einem selbst willkürlich bestimmten Zeitpunkt (zum Beispiel der eigenen monatlichen Abrechnung oder der technischen Verbuchung die nicht immer am letzten Tage des Monats um 23:59 Uhr erfolgen, sonder auch erheblich davor oder erheblich danach) vorzunehmen.

Dieser Sachverhalt bringt damit eine grundsätzlich neue Rechtsprechung, eine erhebliche und weitreichend Weiterentwicklung im Sinne des Rechts, sodaß für die Bestimmung von Pfändungsbeträgen nach § 850k Absatz (1) Satz 3 ZPO iVm § 850c ZPO nicht mehr alle Wertstellungen von Verfügungen bis zum Monatsletzten um 23:59 Uhr im Sinne des Monat nach § 192 BGB einbezogen werden müssen, sondern verschiedene Verfügungen zum P-Konto (Gutschriften, Lastschriften) ab einem willkürlich von der Bank bestimmten Zeitpunkt bis zum realen zeitlichen Ende des Monats (siehe § 192 BGB) unabhängig der realen Wertstellung nach dem Gutdünken der Bank in die technischen Berechnungen zu Pfändungsbeträgen für den Folgemonat aufgenommen werden können.

Alle hier bisher bekannten Entscheidungen bezüglich Verfügungen auf Konten und deren nachträgliche rechtliche Zuordnung zu Sachverhalten gehen von der realen Wertstellung, niemals von seitens der Bank willkürlich bestimmten Daten (wie zum Beispiel der Zeitpunkt des technischen Monatsabschlusses oder das Datum der technischen Buchung vergangener Ereignisse) aus. Besonders im Insolvenzrecht, im Anfechtungsrecht und dabei in den Fristberechnungen hatte sich in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung als maßgeblicher Zeitpunkt einer Verfügung auf einem Konto immer die reale Wertstellung nach Datum und Uhrzeit herausgebildet.

Zu den neuen richterlichen Beschlüssen:
Auf den Antrag des Verfügungsklägers vom 21. Mai 2012, der Sparkasse Magdeburg wegen Verdacht des Wiederholungsfalls in einer einstweiligen Verfügung die Pfändung seines P-Kontos vorläufig zu verbieten, hat das Amtsgericht Magdeburg am 21. Mai 2012, also noch am gleichen Tage, unter Geschäftsnummer 121 C 1331/12 (121) beschlossen:

„Die Antragsgegnerin hat zu Recht das Guthaben in Höhe von 39,47 € ausgekehrt. Gemäß § 850 k Abs. 1 Satz 3 ZPO wird ein Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto in dem folgenden Kalendermonat zusätzlich dem nach Satz 1 geschützten Guthaben nicht von der Pfändung erfasst. Hier hat der Antragsteller über das Guthaben aus dem Monat Februar 2012 in Höhe von 372,82 € in der ausgekehrten Höhe Im Monat März nicht verfügt. Es erfolgen lediglich Lastschriften in Höhe von 333,35 €. Mit Ablauf des Monats März 2012 endete der Pfändungsschutz für das Restguthaben aus dem Monat Februar 2012 in Höhe von 39,47 €. Die Auskehrung erfolgte daher zu Recht.“

Auf die sofortige Beschwerde vom 05. Juni 2012 hat das Landgericht Magdeburg am 13. Juni 2012 unter der Geschäftsnummer 3 T 329/12 *78* beschlossen:

„Auch das Beschwerdevorbringen führt nicht zu einer anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage. Zutreffend hat das Vordergericht auf die Regelung des § 850 k Abs. 1 Satz 3 ZPO abgestellt. Danach wird der Rest eines Guthabens aus einem Vormonat im Folgemonat nicht zusätzlich von der Pfändungsfreigrenze erfaßt. Ein nicht verbrauchter Geldbetrag aus dem Vormonat ist damit im nächsten Monat pfändbar. So verhält es sich hier mit dem Betrag in Höhe von 39,47 EUR, auf den die Antragsgegnerin im Wege der Pfändung wirksam zugegriffen hat. Der entsprechende Pfändungsschutz endete mit Ablauf des Monates März 2012.“

Zur realen Kontoführung
Die reale und den beiden Gerichten vollständig vom Schuldner und Kläger vorgelegten Kontoführung wurde von der Stadtsparkasse Magdeburg als Drittschuldnerin und Beklagte in einer eigenen Aufstellung mit Datum der Wertstellung und Datum der technischen Verbuchung umfassend bestätigt.

Die realen Wertstellungen und die realen Verbuchungen von Verfügungen auf dem Konto des Schuldners und Klägers sind nicht beim Amtsgericht Magdeburg sowie nicht beim Landgericht Magdeburg in den jeweiligen Beschluß eingeflossen.

So hat die Stadtsparkasse Magdeburg den Zeitpunkt verschiedene Verfügungen auf dem Konto des Schuldners und Klägers nicht nach deren realer Wertstellung, sondern nach eigenem Gutdünken letztendlich im Interesse der Umsetzung einer Pfändung von einem öffentlich-rechtlichen Gläubiger in Folgemonate verschoben berücksichtigt und damit sehr ungewöhnlich die Pfändungen bedient:

(1) Die Entgeltabrechnung für den Monat Februar 2012 erfolgte mit Wertstellung zum 30. Februar 2012 in einer Höhe von 10,20 Euro und wurde technisch am 01. März 2012 verbucht. Hier ist der Wille der Bank zu erkennen, diese Entgeltrechnung als Kosten noch in den Monat Februar zu berechnen, anderenfalls wäre auch die Wertstellung zum 01. März 2012 erfolgt.

Folgerung:
Durch die willkürliche absichtliche Übertragung der Entgeltrechnung vom Monat Februar 2012 auf den Monat März 2012 sind angeblich im Monat Februar 2012 genau 10,20 Euro weniger Ausgaben berücksichtigt worden, als real angefallen sind und es wurde von der Stadtsparkasse Magdeburg ein um 10,20 Euro größeres Guthaben vom Monat Februar 2012 in den Monat März 2012 übertragen, als auf dem Konto real vorhanden war, was bei einer Wertstellungsberechnung zum letzten Tag des Monats Februar 2012 um 23:59 Uhr den angeblichen Pfändungsbetrag für den Zeitpunkt ab dem 01. April 2012 von 37,49 Euro auf nur noch 27,29 Euro reduziert hätte.

(2) Im Monat März 2012 erfolgte der technische Monatsabschluß zum 30. März 2012 vor 20:54 Uhr mit der Mitteilung eines Kontostandes zum Rechnungsabschluß von 391,56 Euro, in diesem Betrag befanden sich 39,47 Euro bisheriges Guthaben zuzüglich der Gutschrift von einer Überweisung des Bundesagentur für Arbeit vom 30. März 2012 über 360,59 Euro.

Am 30. März 2012 um 20:55 Uhr verfügte der Schuldner und Kläger am Geldautomaten über 300,00 Euro. Eine weitere Verfügung über dieses Konto gab es bis zum 31. März 2012 um 23:59 Uhr nicht. Damit ergab sich zum 31. März 2012 um 23:59 Uhr ein realer Kontostand von nur noch 91,56 Euro Guthaben. Die rein technische Buchung der am 30. März 2012 um 20:55 Uhr (Zeitpunkt der Wertstellung) vorgenommene Verfügung über 300,00 Euro erfolgte am 02. April 2012 mit dem auf dem Kontoauszug befindlichen Hinweis auf diese reale Wertstellung zum 30. März 2012 um 20:55 Uhr.

Folgerung:
Durch die willkürliche absichtliche Übertragung der Verfügung über 300,00 vom Monat März 2012 auf den Monat April 2012 sind im Monat März 2012 genau 300,00 Euro weniger Ausgaben berücksichtigt worden, als real angefallen sind und es wurde von der Stadtsparkasse Magdeburg ein um 300,00 Euro größeres Guthaben vom Monat März 2012 in den Monat April 2012 technisch übertragen, als auf dem Konto real vorhanden war, was bei einer Wertstellungsberechnung zum letzten Tag des Monats März um 23:59 Uhr den angeblichen Pfändungsbetrag für den Zeitpunkt ab dem 01. April 2012 von 27,29 Euro, oder auch =ohne Berücksichtigung der Falschabrechnung Februar dann 37,49 Euro= unter beiden Varianten des Geldübertrages auf 0,00 Euro Pfändungsbetrag reduziert hätte.

Zusammenfassung
Das Amtsgericht Magdeburg in der Entscheidung vom 21. Mai 2012, Geschäftsnummer 121 C 1331/12 (121) und das Landgericht Magdeburg in der Entscheidung vom 05. Juni 2012 Geschäftsnummer 3 T 329/12 *87* überlassen der Stadtsparkasse Magdeburg das eigenständige Recht, Verfügungen auf einem P-Konto bezüglich der Berechnung von Pfändungsbeträgen nicht nach deren realer Wertstellung, nicht nach der Definition des Monats entsprechend § 192 BGB, sondern willkürlich und nach eigenem Gutdünken bei der Bestimmung von Pfändungsbeträgen nach § 850k Absatz (1) Satz 3 ZPO iVm § 850c ZPO zu bewerten. Damit wird der vom Gesetzgeber bisher in § 850k ZPO iVm § 850c ZPO vorgesehene Pfändungsschutz auf P-Konten zugunsten der Gläubiger umfassen neu zu bewerten sein.

Hinweis zu der noch offenen Entscheidung in der Hauptsache:
Das Amtsgericht Magdeburg hat am 30. Mai 2012 in einem richterlichen Hinweis darauf aufmerksam gemacht, daß im Verfahren in der Hauptsache 121 C 1332/12 (121) eine Erfolgsaussicht der Klage fehlt, da die Berechnungsgrundlagen des Gerichts aus der Entscheidung zur Einstweiligen Verfügung mit Geschäftsnummer 121 C 1332/12 (121) vom 21. Mai 2012 verwendet werden und somit eine Prüfung des Klagebegehrens einschließlich der beantragten Prozeßkostenhilfe angebracht sei. (Dipl.-Mil. Heinz-Günter Braasch)

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Bild: Florentine / pixelio.de

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