Hartz IV-Sanktionen in der Kritik

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Die Sanktionen, die im Hartz IV-System bei Versäumnissen und Pflichtverletzungen drohen, sind erneut in die Kritik geraten. Die Kürzungen seien zu hoch und die Maßnahmen würden das Ziel verfehlen, Leistungsbezieher zur Arbeitsaufnahme zu „motivieren“.

Sanktionssystem im Überblick

Arbeitslosengeld II-Leistungen können den Betroffenen in bestimmten Fällen bis zu einer Höhe von 100 % versagt werden. Die Auszahlung kann ab dem Folgemonat des Sanktionsgrundes komplett verweigert werden. Hat der Bezieher ein Meldeversäumnis bzw. einen Termin beim Jobcenter ohne wichtigen Grund erstmalig nicht wahrgenommen, werden die Leistungen in den folgenden drei Monaten um 10 % verringert. Bei schweren Pflichtverletzungen bzw. wiederholten Pflichtverletzungen innerhalb eines Jahres steigen die Sätze auf 30 % bzw.  60 % oder sogar 100 %, inklusive der Einbehaltung der Kosten für die Unterkunft. 2017 wurden den im Schnitt etwa 4,36 Millionen Leistungsbeziehern 953.000 Sanktionen erteilt. Damit lag das Verhältnis zu allen Leistungsbeziehern wie im Vorjahr bei etwa 3,1 %.

Zielsetzung des Grundsatzes erreicht?

Der Gedanke hinter dem Prinzip der Sanktionierung ist das erwartete „Miteinander“ staatlicher Unterstützung von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und deren Bemühung, möglichst bald aus der Sozialhilfe hinaus wieder in einen neuen Job einzusteigen. Aus Studien des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik in Köln geht hervor, dass sich das Verhältnis zwischen Leistungsbeziehern und Sachbearbeitern durch die Sanktionierung im Regelfall jedoch verschlechtert. Durch diese psychische Negativsituation wird die Motivation zur Arbeitssuche häufig verringert.

Jugendliche besonders betroffen

Unter 25-Jährigen wird bereits bei einer erstmaligen Pflichtverletzung, also u.a. bei Ablehnung eines zumutbaren Jobangebots oder Abbruch einer Ausbildungsmaßnahme, der Regelsatz um 100 % gekürzt. Bei einer weiteren Pflichtverletzung werden auch die Kosten der Unterkunft nicht mehr ausgezahlt. Hierin sehen Vertreter der Grünen und Linken eine Verfehlung der sozialen Grundsicherung. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung betonte, dass soziale Isolation und der Kontaktabbruch zu Bezugspersonen des sozialen Umfeldes – besonders bei jungen Betroffenen – Folge der Sanktion sein können. Auch Detlef Scheele, seit 1. April 2017 Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, kritisierte, dass durch das volle Einbehalten des Regelsatzes der Abbruch des Kontaktes zum Jobcenter „begünstigt“ würde. Das Streichen der Kosten der Unterkunft und die damit drohende Obdachlosigkeit seien unverhältnismäßig. Abschließend forderte Scheele eine Angleichung der Sanktionssysteme zwischen über und unter 25-Jährigen.

Vollständige Abschaffung der Sanktionen?

Vertreter des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes forderten nun die komplette Überarbeitung bzw. Abschaffung des Sanktionssystems. Die Ankündigung des Verbandes, innerhalb von zwei Wochen einen Reformvorschlag vorzulegen, erfolgte gemeinsam mit Zuspruch zu Scheeles Äußerungen.

Das Bundesverfassungsgericht wurde bereits mehrmals um eine Entscheidung hinsichtlich der Vereinbarkeit der Sanktionen mit dem deutschen Grundgesetz gebeten. Ein Sprecher des höchsten deutschen Gerichts stellte nun einen Beschluss für 2018 in Aussicht.

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