Kein Job, Hartz IV und dann zur Bundeswehr

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-Ein Kommentar-
Wie eine Welle schwabte das Thema: "Hartz IV Empfänger zur Bundeswehr" über die Grenzen des World Wide Web (WWW). Viel Empörung, Unverständnis und Wut kennzeichneten zahlreiche Emails, die uns erreichten. Hatte die TAZ sehr treffend in einem Artikel der Rubrik "Die Wahrheit" geschrieben; "neuer plan der bundesregierung: hartz-IV-empfänger nach Afghanistan" und weiter ausgeführt, "Es würde insgesamt ein doppelter Spareffekt eintreten. Erstens gäbe es eine Entlastung für die extrem teuren Bundeswehr-Einsätze, und zweitens würde durch die zu erwartenden Verluste unter den Hartz-IV-Empfängern der Milliarden-Überschuss der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit noch einmal wachsen."

Tiefensee Hartz IV Offensive
Doch wir erinnern uns; hatte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) nicht vor einigen Wochen von sich gegeben, dass Hartz-IV-Empfänger in "Bussen oder Straßenbahnen nach dem Rechten sehen". Was heißt genau "nach dem Rechten sehen". Es heißt, Hartz IV Empfänger sollten nach den grandiosen Vorschlägen eines Herrn Tiefensee "Hilfspolizei" spielen. Und wenn wir noch ein wenig weiter nachdenken, war da doch noch was: Ein missglückter Terroranschlag zweier muslimischer Extremisten. In diesem Kontext sollten gleich zwei Probleme auf einmal gelöst werden: Die Kosten für die "Innere Sicherheit" wären minimiert gewesen und Hartz IV Empfänger hätten etwas getan, was die liebe entsolidarisierte Gesellschaft befriedet hätte. Denn wer keine Arbeit hat, ist auch nicht viel Wert in unserer Leistungsorientierten Gesellschaft.

Junge Menschen ohne Chance- statt Hartz IV zur Bundeswehr
Kennen Sie die Schlangen vor den Einberufungskasernen in den USA? Wissen Sie, warum gerade Afroamerikaner in den Krieg für den "Freien Handel und Warenverkehr" ziehen? Kinder aus Strukturschwachen Familien haben auch bei uns wenig Chancen eine gute Ausbildung zu machen. Allein die Tatsache, dass junge Menschen eine Wohnmelde- Adresse in sog. "Brennpunkten" vorweisen, versperrt Ihnen den Zugang, bei gleichwertigem Wissensstand von Mitbewerbern zu Ausbildungsstätten. Wahrlich es gibt sie, die Förderprogramme für Kinder aus Strukturschwachen Familien. Doch haben sie überhaupt eine Chance auf dem Arbeitsmarkt, wenn in ihrem Lebenslauf "Fördermaßnahme" oder "Bildungswerk" verzeichnet ist? Ausufernde Studiengebühren erledigen noch den letzten Rest einer Chancengleichheit für freie Bildung.

Doch welcher Berufszweig macht am meisten Werbung für sich? Die Bundeswehr. Hier werden immer Leute gesucht und gerade jetzt; bei Bundeswehr- Einsätzen im Kongo, Afghanistan und dem Libanon. Um den "Zugang zu Rohstoffen des Freien Marktes zu gewährleisten".

Leonhard (1) fasst in ihrem Buch "Soldat oder Berufung" zusammen:
"Wer berufliche Alternativen hat, geht nicht zur Bundeswehr. […] Wer über ausreichende berufliche Chancen verfügt, zieht die Möglichkeit, Soldat der Bundeswehr zu werden, gar nicht in Betracht."

Tatsächlich ist laut einer Studie des Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr für weit mehr als die Hälfte der Jugendlichen, die ernsthaft über eine Verpflichtung bei der Bundeswehr nachdenken, "Sicherheit der Arbeit" das Hauptmotiv.

Warten wir auf die nächsten adäquaten Vorschläge, die wohlmöglich zwei Probleme in unserer innovativen Gesellschaft lösen- etwa "Hartz IV Empfänger zur Bundeswehr". Wäre doch ein guter Vorschlag. In Wahrheit…Hätten wir sonst Ihre Aufmerksamkeit gehabt?

(1) Leonhard, Nina (2005): Soldat: Beruf oder Berufung?, in: Leonhard, Nina/Werkner, Ines-Jaqueline (Hrsg.): Militärsoziologie – Eine Einführung, Wiesbaden, S.254.

Weitere Quellen; Taz Artikel, Hartz IV Empfänger zur Bundeswehr?

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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