Kein Entschädigungsanspruch für Hartz IV Bezieher

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Bei überlangen Verfahren geht eine Entscheidungsanspruch an das Jobcenter über, wenn Kläger Hartz IV Bezieher ist
Der Rechtsanwalt Dr. Preiß-Jankowski weist auf das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22.09.2016 zum Aktenzeichen L 15 SF 21/15 EK AS hin. Hintergrund ist, daß eigentlich jedem Bürger ein Entschädigungsanspruch zusteht, wenn sein Gerichtsverfahren unangemessen lang wird. Das ist in §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz geregelt.

Hintergrund dieser Regelung ist, daß der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte von Deutschland verlangt hat, daß es eine Regelung schaffen soll, damit Bürger nicht länger darauf beschränkt sind, hilflos zuzusehen, wie ein Gericht seine Entscheidung auf den St. Nimmerleinstag verschiebt.

Dabei standen zwei Lösungsmöglichkeiten im Raum: entweder die nun Gesetz gewordenen Entschädigungslösung oder Regelungen in den Verfahrensordnungen, die bei Verzögerungen ein Beschwerderecht vorsehen, das dazu führt, daß das mit der Beschwerde befaßte Gericht Maßnahmen ergreift um das verzögerte Verfahren zu beschleunigen. Letztere, effektivere Lösung hat der Gesetzgeber abgelehnt, da diese dazu hätten führen können, daß bummelnde Richter zum Tätigwerden angewiesen werden. Das aber könnte gegen Art.97 Grundgesetz verstoßen, wonach die Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind.

Nun hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in dem oben erwähnten Urteil entschieden, daß Entschädigungsansprüche von SGB II-Leistungsberechtigten Kraft Gesetzes, nämlich § 33 Abs. 1 SGB II, auf das Jobcenter übergehen, soweit der Entschädigungsanspruch in einer Zeit entstanden ist, in der das Jobcenter Leistungen erbracht hat.

Das bedeutet, daß Inhaber des Entschädigungsanspruchs in diesen Fällen nicht mehr der Bürger sondern stets das Jobcenter ist, so daß entsprechende Klagen von Bürgern allein darum abzuweisen wären, weil sie nicht Anspruchsinhaber sind.

Der Bürger kann in solchen Fällen nur noch beantragen, daß das Gericht feststellt, daß das verzögerte Gerichtsverfahren unangemessen lang ist § 198 Abs.4 S.1 Gerichtsverfassungsgesetz. Ein solcher Feststellungsanspruch wäre nicht auf eine Geldzahlung gerichtet und geht somit nicht auf das Jobcenter über.

Hier greift aber eine anderer Umstand, der verhindert, daß das Landessozialgericht zu einer Entscheidung kommt: In einem anderen, von mir geführten Verfahren, hat das Landessozialgericht geäußert, daß es erst dann über einen Entschädigungsanspruch entscheidet, wenn das verzögerte Verfahren abgeschlossen ist.

Denn das Landessozialgericht benötige für seine Entscheidung die Originalakten des verzögerten Verfahrens – Fotokopien der Akten würden nicht ausreichen. Dieses Vorgehen finde ich auch vor dem Hintergrund verständlich, daß über die Höhe der Entschädigung erst entschieden werden kann, wenn die Dauer der Verzögerung feststeht. Die steht aber erst am Ende des Verfahren fest. Doch was ist, wenn der Richter das überlange Verfahren nie beendet? (Rechtsanwalt Dr. Preiß-Jankowski)

Bild: Thomas Reimer – fotolia

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