Jobcenter muss Frauenhaus zahlen

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Sozialgericht München: Kommune erhält Kosten erstattet

05.09.2016

(jur). Fliehen Hartz-IV-Empfängerinnen mit ihren Kindern in ein Frauenhaus, muss das Jobcenter die Kosten für Unterkunft und Betreuung bezahlen. Dies gilt selbst dann, wenn die Kosten wegen einer geringeren Auslastung des Frauenhauses hoch sind, entschied das Sozialgericht München in einem kürzlich veröffentlichten rechtskräftigen Urteil vom 22. Juni 2016 (Az.: S 52 AS 538/13).

Hintergrund des Rechtsstreits war 2008 die Flucht einer Mutter zusammen mit ihren drei Kindern vor ihrem gewalttätigen Ehemann in ein Frauenhaus. Die misshandelte Frau und ihre Kinder erhielten dort Unterkunft und eine psychosoziale Betreuung.

Der Landkreis als Träger des Frauenhauses, welches vom Sozialdienst katholischer Frauen betrieben wurde, veranschlagte letztlich für die 17-tägige Betreuung und Unterbringung Kosten in Höhe von 5.809 Euro. Das Jobcenter, bei dem die Frau ihren Wohnort hat, sollte das Geld der Kommune erstatten.

Die Behörde bestätigte zwar grundsätzlich einen Kostenerstattungsanspruch. Hier sei der angefallene Tagessatz pro Person in Höhe von 85,44 Euro aber viel zu hoch. Grund sei die niedrige Auslastung des Frauenhauses von nur 60 Prozent. In einer anderen Gemeinde werde dagegen mit einer Durchschnittsbelegung von 95 Prozent kalkuliert. Nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sei es nicht vertretbar, das Frauenhaus trotzdem im gleichen Umfang weiter zu führen und die hohen Kosten an das Jobcenter weiterzureichen, rügte die Behörde.

Doch das Jobcenter ist zur Kostenerstattung verpflichtet, urteilte das Sozialgericht. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssten die Unterkunftskosten und weitere Eingliederungsleistungen wie die psychosoziale Betreuung erstattet werden. Diese seien Voraussetzung dafür, dass die Frau nach Beendigung ihres Aufenthaltes im Frauenhaus wieder ein selbstbestimmtes Leben mit einer Erwerbstätigkeit führen könne.

Ob die Kosten des Frauenhausaufenthaltes angemessen gewesen seien, sei nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. „Es muss in der Entscheidungsmacht des Trägers des jeweiligen Frauenhauses liegen, wie die Einrichtung geführt wird. Angemessenheitsprüfungen hinsichtlich der Kostenkalkulation durch die Heimatkommune oder das Gericht würden faktisch dazu führen, dass die kommunale Selbstverwaltung gefährdet würde“, heißt es in dem Urteil.

Überprüfbar sei aber, ob die geltend gemachten Kosten tatsächlich angefallen sind und die Kalkulation des Frauenhauses nachvollziehbar ist. Beides sei hier der Fall gewesen. Die Kommune habe auch schlüssig dargelegt, warum das Frauenhaus trotz seiner niedrigen Auslastung weiter betrieben wurde. So sollte das Haus als Notfalleinrichtung für drei Landkreise bereitgehalten werden. Eine Belegung von oftmals nur der Hälfte der Plätze sei daher in Kauf genommen worden. fle/mwo

Bild: pix4U – fotolia

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