Jeder vierte Arbeitslose rutscht sofort in Hartz IV

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Jeder Vierte bei Beginn der Erwerbslosigkeit sofort auf Hartz IV angewiesen

16.04.2012

Jeder vierte Arbeitslose rutscht sofort in die Hartz IV-Falle. Das berichtet der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und beruft sich dabei auf eine eigene Auswertung der Daten. Demnach ist Hartz IV heute keineswegs ausschließlich eine Sozialleistung für „Langzeitarbeitslose“, sondern ein Subventionselement vor allem für den Niedriglohnsektor der Zeitarbeit.

Jeder vierte Erwerbslose rutscht bei Beginn der Arbeitslosigkeit direkt in den Arbeitslosengeld II Bezug. Im Jahre 2008 war noch jeder fünfte Arbeitslose hiervon betroffen. Somit ist die Anzahl zwischen den Jahren 2008 und 2011 um 18,7 Prozent gestiegen. Besonders sind Zeitarbeitsnehmer betroffen. Die Leiharbeitsfirmen entlassen kurzfristig die Beschäftigten, wenn sich die Auftragslage geändert hat. Entweder war die Zeit der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nicht ausreichend, um einen Arbeitslosengeld Eins (ALG I) Anspruch zu erwirken, oder der Anspruch muss mit Hartz IV-Leistungen aufgestockt werden, weil sie nicht zur Sicherung des Existenzminimum ausreichen.

Normalerweise haben Arbeitnehmer, die ihren Job verlieren, einen Anspruch auf das aus Beiträgen der Arbeitslosenversicherung finanzierten Arbeitslosengeld Eins. Das gilt allerdings nur dann, wenn die Beschäftigungszeit in den letzten zwei Jahre mindestens zwölf Monate betragen hat. Wer zum Beispiel nur zehn Monate trotz Beitragszahlungen in die Arbeitslosenversicherung erreicht, muss das Arbeitslosengeld II beantragen, dass in aller Regel viel niedriger angesetzt und mit zahlreichen Sanktionsandrohungen verbunden ist. Im Jahre 2008 waren hiervon noch 621.000 Menschen betroffen. Laut der DGB-Untersuchung mussten 2011 schon 736.000 Erwerbslose trotz vorigem Arbeitsverhältnis Hartz IV-Leistungen beziehen.

Arbeitslosengeld-1 Anteil gesunken
Anhand der Auswertung kristallisierte sich heraus, dass der Anteil derjenigen, die nach dem Verlust des Arbeitsplatzes Arbeitslosengeld-1 bezogen, um rund 10 Prozent gesunken ist. Es zeigt sich, dass „die soziale Sicherungsfunktion der Arbeitslosenversicherung stetig abnimmt“, erklärte der Arbeitsmarktexperte des Gewerkschaftsbundes Wilhelm Adamy. Etwa 26,4 Prozent der Arbeitslosen sind nach dem Jobverlust sofort in die Hartz IV-Falle gerutscht. Vor gut vier Jahren betrug der Anteil noch 21,5 Prozent, erklärte der DGB-Experte.

Besonders stark von dieser Entwickelung sind Erwerbslose betroffenen, die zuvor bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet haben. Fast die Hälfte (45 Prozent) der Betroffenen, die keinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld erreicht haben, kam aus der Leiharbeits-Branche. „Für viele beginnt eine schreckliche Spirale“, kommentierte Sebastian Bertram von „gegen-hartz.de“. Von den Jobcentern werden die Menschen vielfach wieder in die Zeitarbeit vermittelt. Dort verdienen sie kaum mehr als bei Hartz IV. „Nach einer kurzen Zeit werden die Menschen auf die Straße gesetzt und müssen wieder Hartz IV beantragen.“ Dann beginnt die Spirale erneut, so Bertram.

DGB fordert Gesetzesänderungen
Angesichts dieser Zahlen fordert der DGB die Gesetzesregelungen bei der Arbeitslosenversicherung zu reformieren, damit auch Arbeitnehmer, die nur kurzzeitig beschäftigt waren, einen ALG-1-Anspruch erwirken. Die Gewerkschaft schlägt vor, bereits nach sechs Monaten Beschäftigung einen Anspruch auf das ALG I für drei Monate zu installieren. Erst danach solle die Grundsicherung greifen, so Adamy. Zusätzlich soll auch die Rahmenfrist für die Anspruchszeit von 24 auf 36 Monate verlängert werden. So könne jeder, der in den letzten drei Jahren mindestens zwölf Monate gearbeitet hat, das ALG I beziehen. Eine solche Reform könnte die Leiharbeiter begünstigen, die oft nur kurzfristig einen Job vermittelt bekommen und dann wieder im Anschluss meist eine längere Zeit Arbeitslos sind. (sb)

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