Hartz IV: Rechtsbruch in den Jobcentern

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Erwerbslosengruppen planen Aktionen gegen Missstände in Jobcentern

17.06.2014

Auf einer bundesweiten Tagung diskutierten Teilnehmer aus 60 Erwerbslosengruppen vom 11. bis 13. Juni über die Missstände in den Jobcentern und das Vorenthalten von Leistungen. Die Aktivisten einigten sich auf vielfältige Aktionen, um gegen den „Rechtsbruch“ in den Ämtern zu protestieren. Hintergrund sind neben der bisherigen üblichen Praxis der Jobcenter auch die geplanten Hartz IV-Verschärfungen, die unter dem Titel „Rechtsvereinfachung im SGB II“ von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe erarbeitet wurden.

Erwerbslosengruppen protestieren gegen das Vorenthalten von Leistungsansprüchen
Hartz IV-Bezieher machen häufig negative Erfahrungen in den Jobcentern. Die Arbeitsweise der Ämter sei „das Gegenteil von bürgerfreundlich“, wird Evelyn Schuckhardt von der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg in einer gemeinsamen Presseerklärung des Erwerbslosen Forum Deutschland, der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS e.V.) und Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO) zitiert. Vielmehr werde das Klima als „bedrückend und entwürdigend“ erlebt. „Wenn wir einen freundlichen Umgangston fordern, schnelle Hilfe in akuten Notlagen, Quittungen für eingereichte Unterlagen oder kurze Wartezeiten, dann sind das Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten“, ergänzt Hinrich Garms von der Bundesarbeitsgemeinschaft Prekäre Lebenslagen. „Dabei sehen wir die Jobcenter-Beschäftigten nicht als Gegner, da die Missstände strukturelle Ursachen haben und fordern auch mehr und besser ausgebildetes Personal“, betont Martin Künkler von der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen.

Neben der häufig nicht nachvollziehbaren Arbeitsweise und dem unangenehmen Klima in den Jobcentern geht es den Erwerbslosengruppen vor allem um den Protest gegen das Vorenthalten von Leistungen trotz Rechtsanspruch. „Behörden sind an Recht und Gesetz gebunden. Es ist ein Skandal, dass dieser rechtstaatliche Grundsatz faktisch in den Jobcentern ausgesetzt ist und eine Art rechtsfreier Raum herrscht“, so Schuckhardt. Das zeigt sich auch an der Erfolgsquote der Hartz IV-Klagen, die jedes Jahr vor den deutschen Sozialgerichte verhandelt werden. Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) zufolge werden 44 Prozent der Klagen von Hartz IV-Leistungsberechtigten zu ihren Gunsten entschieden. „In fast jedem zweiten Fall muss also ein Sozialgericht das Recht durchsetzen, dass die Jobcenter zuvor missachtet haben“, kritisiert Schuckhardt.

Sondergesetze für Arme durch weitere Hartz IV-Verschärfungen
Die Änderungsvorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die vor allem aus Vertretern vornehmlich wirtschaftsnaher Verbände sowie der Bundesagentur für Arbeit (BA) besteht, beinhalten unter anderem Verschärfungen der Sanktionen, eine Einschränkung des Rechts auf Überprüfung von Jobcenter-Bescheiden auf deren Richtigkeit sowie Leistungskürzungen für Alleinerziehende. „Diese Vorschläge dürfen nicht Gesetz werden, da sie die Rechte von Leistungsbeziehern abermals einschränken und die Schlechterstellung über Sonderregeln ausweiten anstatt diese abzuschaffen“, mahnt Martin Behrsing vom Erwerbslosen Forum.

Laut Pressemitteilungen sollen die ersten Aktionen der Erwerbslosengruppen bereits in der Sommerpause beginnen und im Frühherbst ihren Höhepunkt erreichen. Die Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg, die BAG Prekäre Lebenslagen, das Erwerbslosen Forum Deutschland, die Koordinierungsstelle und das Netzwerk der gewerkschaftlichen Erwerbsloseninitiativen, die Erwerbslosengruppen der Gewerkschaft ver.di sowie weitere Erwerbslosengruppen sind Träger der Kampagne und informieren über die Möglichkeiten zur Unterstützung der Aktionen. (ag)

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