Hartz IV: Ohne Verhandlung keine EGV

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LSG Mainz: ohne vorherige Verhandlung kein Verwaltungsakt
(jur). Jobcenter und Hartz-IV-Bezieher müssen über eine Eingliederungsvereinbarung auch tatsächlich eine Vereinbarung anstreben und über die einzelnen Punkte vorher verhandeln. Ohne Verhandlungen zumindest angeboten zu haben darf die Behörde eine Eingliederungsvereinbarung nicht einfach per Bescheid durchsetzen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 9. Mai 2016 (Az.: L 6 AS 181/16 B ER).

Vor Gericht war ein Selbstständiger gezogen, der aufstockende Hartz-IV-Leistungen erhielt. Das Jobcenter wollte mit ihm eine Eingliederungsvereinbarung abschließen, damit er Chancen auf einen sozialversicherungspflichtigen Job erhält. Innerhalb kürzester Zeit unterbreitete die Behörde dem Mann drei Entwürfe. Als der Hartz-IV-Bezieher damit nicht einverstanden war, wurde er per Bescheid zu Maßnahmen verdonnert. Diese wichen jedoch gravierend von jenen ab, die in den Entwürfen der Eingliederungsvereinbarung enthalten waren.

Der Mann legte daher Widerspruch gegen den Behördenbescheid ein und beantragte ebenfalls die aufschiebende Wirkung. Bevor das Jobcenter eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ersetzt, müsse es zuvor an einem Konsens orientierte „hinreichende Verhandlungsphase“ geben. Die Behörde dürfe nicht einfach einseitig bestimmen, was der Hartz-IV-Bezieher zu tun habe.

Das LSG stimmte dem zu und stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder her. Der Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil er nicht Gegenstand von Verhandlungen gewesen sei. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmungen müsse das Jobcenter vor Erlass eines Verwaltungsaktes zumindest den Versuch unternommen haben, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen.

Hier habe es zwar Verhandlungen über drei Entwürfe zu Eingliederungsvereinbarung gegeben. Der letztendliche Verwaltungsakt sei davon aber gravierend abgewichen, ohne dass darüber verhandelt worden sei. Grundlegende Änderungen müssten aber dem Betroffenen vorab schriftlich zur Prüfung unterbreitet werden.

Die Mainzer Richter bezogen sich dabei auch auf eine Entscheidung des 14. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel vom 14. Februar 2013 (Az.: B 14 AS 195/11 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Danach darf die Behörde den Arbeitslosen nur dann per Bescheid zu Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt verpflichten, wenn das Gespräch scheitert und der Hartz-IV-Bezieher die Eingliederungsvereinbarung abgelehnt hat. (fle/mwo)

Bild: SZ-Designs – fotolia

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