Hartz IV: Jobcenter dürfen weiter sanktionieren

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Bundesverfassungsgericht lehnt Vorlage des Sozialgerichts Gotha ab

02.06.2016

Karlsruhe (jur). Jobcenter dürfen Hartz-IV-Bezieher jedenfalls vorerst weiter nach den gesetzlichen Bestimmungen bestrafen und das Arbeitslosengeld II bis auf null Euro kürzen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat in einem am Donnerstag, 2. Juni 2016, veröffentlichten Beschluss eine Richtervorlage des Sozialgerichts Gotha aus formalen Gründen als unzulässig zurückgewiesen, welches die Sanktionsregelungen für verfassungswidrig hielt (Az.: 1 BvL 7/15). Nach Angaben des Bundesverfassungsgerichts sind aber noch „einige“ Verfassungsbeschwerden einzelner Personen zu den Hartz-IV-Sanktionen anhängig. Wann darüber entschieden wird, sei aber unklar.

Nach dem Sozialgesetzbuch müssen Hartz-IV-Empfänger eine zumutbare Arbeit oder andere Eingliederungsmaßnahmen annehmen und sich auch selbst um einen neuen Job kümmern. Kommen dem die Hilfebedürftigen ohne ausreichenden Grund nicht nach, kann das Jobcenter die Regelleistung für drei Monate um 30 Prozent kürzen. Bei wiederholten Pflichtverstößen ist eine Kürzung um 60 Prozent oder schließlich sogar bis auf null Euro möglich. Das Jobcenter übernimmt dann nur noch die Unterkunftskosten und gewährt Lebensmittelgutscheine.

Das Sozialgericht Gotha hielt diese gesetzlichen Hartz-IV-Sanktionen in seinem Beschluss vom 26. Mai 2015 für verfassungswidrig (Az.: S 15 AS 5157/14; JurAgentur-Meldung vom 27. Mai 2015). Nach dem Sozialstaatsprinzip müsse der Staat ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten, auch wenn sich der Arbeitslose nicht an alle Verpflichtungen hält. Bei einer Kürzung der Regelleistung um 30 oder 60 Prozent oder gar vollständig, werde das soziokulturelle Existenzminimum aber nicht mehr sichergestellt.

Denn der Staat sei nach dem Sozialstaatsprinzip verpflichtet, Hilfebedürftigen ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewährleisten. Die Verpflichtung eines Arbeitslosen, einen bestimmten Job anzunehmen, könne zudem sein Grundrecht auf Berufsfreiheit verletzen. Durch unzureichende Mittel für die Ernährung sei auch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit bedroht.

Die Richtervorlage des Sozialgerichts lehnte das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6. Mai 2016 nun jedoch als nicht ausreichend begründet und damit als unzulässig ab. „Zwar wirft der Vorlagebeschluss durchaus gewichtige verfassungsrechtliche Fragen auf“, so die 3. Kammer des Ersten Senats. Das Sozialgericht habe aber nicht geprüft, ob der Hartz-IV-Bezieher vor Erlass der Sanktionsbescheide ausreichend über die rechtlichen Folgen von Verhaltensverstößen belehrt wurde.

Sei die Rechtsfolgenbelehrung zu den einzelnen Bescheiden aber fehlerhaft, seien die Bescheide rechtswidrig und es käme auf die Verfassungsgemäßheit der gesetzlichen Sanktionsbestimmungen gar nicht mehr an, erklärten die Karlsruher Richter. fle/mwo/fle

Bild: Monkey Business – fotolia

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