Hartz IV Chaos in Berliner Jobcentern

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Experten befürchten Chaos in Berliner Jobcentern durch Softwareumstellung

01.04.2014

In Berlin müssen Hartz IV- und Sozialhilfe-Bezieher ab dem 14. April mit noch längeren Warte- und Bearbeitungszeiten rechnen. Die Softwareumstellung, mit der eine verbesserte Bearbeitung und Verwaltung von Anträgen und Anliegen von Bedarfsgemeinschaften erreicht werden soll, könnte Experten zufolge mit erheblichen Verzögerungen des Tagesgeschäfts der Jobcenter einhergehen. Vor allem bei neuen Anträgen ist mit langen Wartezeiten zu rechnen.

Softwareumstellung könnte deutlich längere Bearbeitungszeiten von Anträgen zur Folge haben
Die Umstellung auf die neue Software für die rund 196.000 Berliner Bedarfsgemeinschaften soll ab April beginnen. Dafür müssen alle Akten per Hand in das neue System übertragen werden. Der Aufwand übersteigt die personellen Kapazitäten der Jobcenter bei weitem. Zusätzliches Personal soll dennoch nicht zur Verfügung gestellt werden. Neben der manuellen Eingabe von hunderttausenden von Daten erfolgt eine fünftägige Fortbildung der Mitarbeiter, in denen die Funktionsweise der neuen Software erläutert wird. Allein für die Schulung der 3.700 Mitarbeiter fallen 18.500 Arbeitstage an. Experten befürchten, dass es zu langen Wartezeiten bei der Bearbeitung von Hartz IV-Anträgen kommen wird.

Berliner Jobcenter haben generell hohe Bearbeitungsrückstände
„In den Berliner Jobcentern bestehen bereits hohe Rückstände", erklärte Frank Becker, Chef des Berliner Beamtenbundes (dbb), gegenüber der Berliner Morgenpost. Die alltägliche Arbeit bleibe durch die Softwareumstellung liegen, mahnte auch ein Personalrat im Gespräch mit der Zeitung.

Die Zeit, die in Schulungen und die Datenübertragung investiert wird, fehlt bei der Bearbeitung von Anträgen und der Betreuung von Hartz IV- und Sozialhilfe-Beziehern. Darüber sind sich viele Experten einig. Bereits jetzt – vor der Softwareumstellung – haben die Mitarbeiter der Berliner Jobcenter zum Teil einen Bearbeitungsrückstand von 60 und mehr Fällen. Gemäß der Vorgaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) sind maximal 30 Fälle zu tolerieren. Eine Sprecherin der BA räumte gegenüber der Zeitung zwar ein, dass mit Problemen gerechnet werde, dass aber Panikmache auch nicht helfe. „Wir appellieren an die Mitarbeiter, die Einführung auf sich zukommen zu lassen.“ Die Mehrarbeit durch die Softwareumstellung werde durch die verkürzte Bearbeitung der Akten dank des neuen Systems aufgeholt, so die optimistische Einschätzung der BA-Sprecherin.

Softwareumstellung startet am 14. April im Jobcenter Marzahn-Hellersdorf
Der große Startschuss für die Softwareumstellung fällt am 14. April im Jobcenter in Marzahn-Hellersdorf und soll im August in Berlin abgeschlossen sein. Das neue System soll bundesweit eingeführt werden.

„Die Umstellung wird die Jobcenter auf Wochen lahm legen", mahnte die Berliner Arbeitsexpertin Sabine Bangert (Grüne), gegenüber der Zeitung. Ihre Kritik gilt vor allem der BA, da diese kein zusätzliches Personal zur Verfügung stellt. „Die Jobcenter werden damit mehr oder weniger allein gelassen." Der dbb fordert deshalb die Entfristung der Arbeitsverträge der Jobcenter-Mitarbeiter, um dadurch eine erste Entlastung zu erreichen.

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