Hartz IV: Bundestag verhandelt über PKV-Lücke

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Gesundheitsausschuss behandelt Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Antrag der Fraktion der Linken zur sog. "Deckungslücke" bei privat Versicherten im Hartz IV Bezug.

(19.07.2010) Am 7 Juli fand im Gesundheitsausschuss des Bundestages eine Expertenanhörung zum Thema Deckungslücke bei privat versicherten Hartz IV -Empfängern statt. Hintergrund dieses Problems ist, daß nach dem neuen § 5 Abs. 5 a SGB V, der bereits in den Gesétzesberatungen 2007 zum Gesundheitsreformgesetz Gegenstand heftigen Streits war, dieser Personenkreis seit dem 1. Januar 2009 nicht mehr, wie die meisten Hartz IV -Leistungsempfänger, gesetzlich krankenversichert ist. Es ist gesetzlich angedacht, daß er in den neuen Basistarif gem. § 14 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) wechselt. Dieser kostet in der Regel den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung, z.Zt. ca 581 Euro zzgl Pflegeversicherung 36,55 Euro. Nach dieser Vorschrift wird für Hartz IV – Bezieher dieser zwangsweise zu Lasten der PKV halbiert. Die Jobcenter und ARGEn tragen jedoch nur den Höchstbetrag für SGB II – Bezieher von z.Zt. 147,58 Euro. Es verbleibt eine Lücke von 180 Euro für die niemand zuständig ist und vom Regelsatz von derzeit 359 zu zahlen ist. Hier wurde dieser Personenkreis einfach sehenden Auges ihrem Schicksal, d.h. der Zwangsvollstreckung der privaten Krankenversicherer überlassen.

Bereits durch die Antwort der Bundesregierung vom 24 Juni (Drs. 17/2284) auf eine aktuelle Anfrage der Fraktion die Linken wurde klar, dass eine gesetzliche Lösung nicht abzusehen ist. Die Bundesregierung erklärte, dass sie es begrüssen würde, wenn die privaten Krankenversicherer auf die Durchsetzung der Forderungen bis zur Klärung verzichten würden. Gleichzeitig erklärt die jedoch, dass die Anwendung der Härteklausel in der Entscheidung des BVerfG vom 9 Februar 2010 ( jetzt § 21 Abs. 6 SGB II) nicht in Betracht komme. Im Hinblick auf die Anzahl der Betroffenen erklärte die Bundesregierung, dass sie nur die Summe von freiwillig und privat krankenversicherten Personen mit Zuschussberechtigung nennen könne, die im Januar 2010 26744 Personen betragen habe.

Im der Anhörung traten dann die gegensätzlichen Positionen der Spitzenverbände klar hervor. Während Teile der Sachverständigen eine Absenkung der Beiträge der PKV auf den Betrag der gesetzlichen Krankenversicherung begrüßten, hob der Verband der privaten Krankenversicherer hervor, dass die Existenzsicherung eine staatliche Aufgabe sei, die nicht von den Versicheren vollständig übernommen werden kann. Sie hätten durch die Halbierung bereits ihren Anteil am Gemeinwohl geleistet. Auch bestünden verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf eine Aushöhlung ihres Kerngeschäftes. Der Vorschlag einer vollständigen Erstattung durch die Jobcenter rief demgegenüber beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen Skepsis hervor, da es kaum zu vermitteln sei, dass die Privatversicherer dann mehr erhielten als die GKV, deren Beitrag von 147,58 Euro ohnehin nicht kostendeckend sei. Der Einzelsachverständige Rechtsanwalt Markus Klinder aus Marl, der viele solcher Fälle im Bundesgebiet vertritt hob im Ausschuss die völlige Hilflosigkeit der Betroffenen hervor, wenn sie plötzlich Mahnungen erhalten bzw. Ihnen die Zwangsvollstreckung angedroht werde. Auch die Regelung, welche Hartz IV -Empfänger vor dem Ruhen der Leistungen bewahren soll, sei völlig verunglückt. Ein schnelles, gesetzgeberisches Einschreiten sei unabdingbar.

Das Bundessozialgericht wird erst Ende diesen bzw. Anfang nächsten Jahres mit diesem Problem befaßt sein. In welche Richtung hier entschieden wird bleibt völlig unklar. Damit bleibt den Betroffenen weiterhin nur der Weg vor die Sozialgerichte. Es ist empfehlenswert noch vor der Entscheidung des BSG Überprüfungsanträge zu stellen, da die Gefahr besteht, dass mit dieser Entscheidung für spätere Anträge keine Nachzahlung mehr möglich sein wird. (Rechtsanwalt Markus Klinder)

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