Gestern in Berlin- Mitte. Geht uns die Arbeit aus?

Lesedauer 3 Minuten

Lebenslüge Vollbeschäftigung: Gestern: Berlin Mitte
Geht uns die Arbeit aus?
ein Kommentar von Tilo Schönberg, 08/15 News

Ich schaue mir nur noch höchstselten irgendwelche Talkshows an. Mir geht dieses sinnentleerte Gebrabbel auf den Geist und das ist in jeder dieser "Shows" das Gleiche: politisch versagen prinzipiell immer nur die anderen Parteien, was insofern beachtlich ist, da wir ja eine "große Koalition" haben und wirtschaftliche Erfolge schaufelt man immer der eigenen Truppe zu – egal, ob die gerade regiert oder nicht. Das Ganze garniert man noch mit ein paar Leuten aus der Wirtschaft und, je nach Thema, mit ein paar armen Würstchen aus der Bevölkerung (die sich in letzter Zeit ständig neue Begriffe für ihre Klasse merken muss – „abhängiges Prekariat“ z. Bsp. oder "alimentierte Unterschicht"(1)) oder zumindest Solche, die über diese Schichten schreiben und auch noch blöde Vorschläge machen können.

Gestern allerdings interessierte mich das Thema:
Lebenslüge Vollbeschäftigung – Geht uns die Arbeit aus? (2)
Zum Sabbeln eingeladen waren:

* Egon Bahr (SPD), in einem früheren Leben mal Bundesminister
* Christian Wulff CDU), Landeschef von Niedersachsen und Freund der 42-Stunden-Woche
* Heinrich von Pierer, Chef der Aufsicht von Siemens und väterlicher Freund aller Manager
* Sieghard Bender, IG-Metall-Irgendwas aus Esslingen, vorgeblich frustriert aus dem Osten geflüchtet
* lisabeth Niejahr, offiziell Journalisten, sitzt irgendwo in der Schreibstube der“ Zeit“

Ich fasse die 45 Minuten mal zusammen: sinnentleertes Gebrabbel und zwar von allen Seiten.

Einzig der Herr Bender versuchte sich als Straßenköter (der Hackenbeißer der Arbeiterkla … quatsch die gibt’s nicht mehr, abhängiges Prekariat heißt das ja jetzt) und wollte dem Siemens-Chef ans Bein zu pinkeln, aber nach einem freundlichen "NaNa!" ließ er das schlagartig nach, hechelte nur noch und wedelte mit dem Schwänzchen.

Es tut nur noch weh. Diese gesamte Mischpoke ist schon so weit abgehoben, denen fehlt wirklich jedwede Bodenhaftung. Teilweise war das schon richtig peinlich. Beispiele:

Pierer’s Versuch, den Verzicht auf 30% Lohnerhöhung durch die armen Siemens-Manager dem Publikum als Solidarbeitrag zur BenQ-Pleite zu verkaufen. (Bender hatte an dieser Stelle seinen einzigen, hellen Moment, indem er fragte, was denn bei einem einjährigen Verzicht auf eine Lohnerhöhung solidarisch sei, wenn auf der anderen Seite über 1.800 Leute auf die Straße fliegen und zur Krönung auch noch weniger Arbeitslosengeld bekommen, weil sie seit zwei Jahren für 30% weniger Gehalt, länger gearbeitet haben(3). Danach kam Pierer’s "NaNa!" und schon legte sich der "Pittbull" zu Herrchens Füßen nieder und hob fortan nur noch die Gemeinsamkeiten von Siemens-Chef und Siemens-Belegschaft hervor – ein Gewerkschafter eben …)

Noch erbärmlicher der Rest: Olle Egon ("wir waren das …, wir waren das …") schrieb den derzeitigen „Aufschwung“ den Schröderschen "Reformen" zu, Christian Wulff war noch völlig geblendet vom Glanz des Lichtes des Vorzeigewirtschaftsstandortes Hannover und rief pausenlos nach der 42-Stunden-Woche ("… wenn die Leute arbeiten wollen, sollten wir sie schaffen lassen!") und die Tussi von der „Zeit“ war sich nicht zu blöde, eine staatliche Unterstützung für die Schaffung von Arbeitsplätzen in privaten(!) Haushalten zu fordern – ihr Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit.

Im Klartext bedeutet nichts anderes, als daß die "Oberschicht" die "Unterschicht" jetzt auch noch für sich privat, zu Hause, schuften lassen möchte. Nur bezahlen will man dafür nix. Das soll, wenn überhaupt, der Staat machen, aus Steuergeldern – die sie auch nicht bezahlen wollen(4). Warum nicht gleich zurück zur Leibeigenschaft?

Haben wir einen Aufschwung? Nein, es ist wohl eher eine Gewinn-Explosion! Die 435igste in den letzten Jahren und die kann man nicht mehr verstecken. Dem Gequatsche von Aufschwung stehen nämlich die zu zigtausenden, geplanten Entlassungen konträr gegenüber. Das beißt sich und damit das dem verblödeten Pöbel nicht auffällt, werden Worthülsen geschaffen wie: abhängiges Prekariat! Damit der Volldepp vor der Glotze nicht merkt, das er selbst gemeint ist. Prekariataner – das muss der Nachbar sein, der heißt so, scheiß Ausländer …

Fazit der Sendung: Die sog. "Sockelarbeitslosigkeit" (nette Umschreibung für „Auswüchse des Kapitalismus“(5)) wird bleiben. Jeder weiß das, aber alle verneinten heftig! Alles klar?

Gute Nacht Deutschland!

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