Europäer können Hartz IV Leistungen beziehen

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Europäer können unbefristet Hartz IV Leistungen beziehen, wenn sie aus den Ländern entstammen, die das Fürsorgeabkommen unterzeichnet haben.

Zuwanderer aus einigen europäischen Ländern haben einen unbefristeten Anspruch auf Hartz IV-Leistungen. Das gilt auch dann, wenn sie zuvor nicht in Deutschland gearbeitet haben. Das urteilte aktuell das Bundessozialgericht in Kassel. Möglich macht dieser ALG II Anspruch das Europäische Fürsorgeabkommen aus dem Jahr 1953. Zuvor hatte der Kläger bereits vor dem Landessozialgericht Berlin geklagt und Recht bekommen. Das zuständige Jobcenter war in Revison gegangen.

Arbeitslose Zuwanderer aus den Europäischen Ländern haben ein unbefristeten Anspruch auf Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Das entschied das Bundessozialgericht in Kassel in dem Urteil: AZ.: B 14 AS 23/10 R. Die obersten Sozialrichter verwiesen in ihrem Urteil auf das sogenannte Europäische Fürsorgeabkommen aus dem Jahr 1953 und folgten dem voran gegangenen Richterspruch des Landessozialgerichts Berlin. Eine Revision des Jobcenters Berlin wurde damit abgewiesen.

Im konkreten Fall hatte das Jobcenter einem Franzosen nach der gesetzlich möglichen Sperrfrist von drei Monaten 6 Monate lang Arbeitslosengeld II gezahlt und die Kosten der Unterkunft übernommen. Nach dieser Zeit verweigerte das Jobcenter jede weitere Zahlung an den Kläger. Die Behörde begründete ihre Haltung damit, der Betroffene würde sich nur zur Jobsuche in Deutschland aufhalten. Daher habe er keinen Anspruch auf Hartz IV.

Doch der vorliegende Fall ist aus juristischer Sicht keinesfalls eindeutig. Denn einerseits wird in den Hartz IV Regelungen bestimmt, dass Zuwanderer nach 9 Monaten keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben, wenn sie sich nur zur Jobsuche in Deutschland aufhalten. Auf der anderen Seite haben sich im Fürsorgeabkommen von 1953 einige europäische Staaten dazu verpflichtet, den Staatsangehörigen der Unterzeichner die selben sozialen Leistungen zur Verfügung zustellen, wie den eigenen Bürgern. Bedingung ist, dass sich Ausländer jeweils legal in den Unterzeichnerstaaten aufhalten. Insgesamt hatten 19 Länder in Euro unterzeichnet.

Zu den Unterzeichnerstaaten des Fürsorgeabkommen gehören: Deutschland, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Schweden, Großbritannien sowie die Türkei, Norwegen, Island, Portugal, Spanien, Malta und Estland. Nach diesem Urteil haben Ausländer aus diesen Ländern einen Anspruch auf Hartz IV Leistungen.

Der oberste Senat des Bundessozialgerichts argumentierte, ALG II-Ansprüche seien nicht ausgeschlossen, wenn sich Ausländer auf das Fürsorgeabkommen berufen können. „Das Fürsorgeabkommen ist unmittelbar geltendes Bundesrecht“, sagte der Vorsitzende Richter. Demnach sind Leistungen nach dem SGB II dem zuzurechnen.

Mit dem Urteil und der Berufung auf das Fürsorgeabkommen umging das Bundessozialgericht die Frage, ob der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II für Ausländer der EU gegen das Europarecht verstoße. Denn diese komplexe Frage hätte das oberste Sozialgericht nicht behandeln können. Vielmehr sei die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg dafür zuständig. Mit dem nun gefällten Urteil hat der Kläger einen unbefristeten Anspruch auf Hartz-IV Leistungen. (sb, 19.10.2010)

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