DGB: Arbeitgeber wollen Weihnachtsgeld kürzen

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Weihnachtsgeld – Tarifliche und rechtliche Ansprüche
Kurz vor Weihnachten stellt sich für viele Arbeitnehmer die wiederkehrende Frage; "Bekommen wir noch das Weihnachtsgeld?". Schon längst ist das 13. Monatsgehalt vieler Orts nur noch eine Ausnahme- ganz unverständliche: Soll doch die Kaufkraft steigen, wenns wieder Bergauf gehen soll! Oft ist es tariflich überhaupt nicht zulässig, wenn das Weihnachtsgeld gekürzt bzw ganz gestrichen wird. Hier eine Zusammenfassung des DGB:

* Das in Tarifverträgen festge­schriebene Weihnachtsgeld darf nicht vom Arbeitgeber gekürzt werden. Zahlt der Arbeitgeber einem tarifgebundenen Beschäftigten weniger als tarif­vertraglich festgeschrieben, so verstößt er gegen den Tarifvertrag. Be­schäftigte sollten hier über den Betriebsrat/Personalrat oder die Gewerkschaft den Sach­verhalt klären. Erfolgt keine Zahlung, kann vor dem Arbeitsgericht geklagt werden. Auch ein gekündigter Tarifvertrag zum Weih­nachtsgeld ent­bindet nicht von der Zahlung.

* Komplizierter ist die Lage, wenn der Arbeitgeber ein höheres Weihnachtsgeld zahlt als der Tarifvertrag vorschreibt. Der übertarifliche Teil ist vor Eingriffen weniger ge­schützt. Streichung oder Kürzung ist möglich, wenn der übertarif­liche Teil mit dem Vorbe­halt des Widerrufs oder als freiwillige Leistung ge­zahlt wurde. Wurde das Weihnachtsgeld ohne Vorbehalt über mehrere Jahre gezahlt, be­steht eine betriebliche Übung und eine Streichung oder Kürzung ist dann grund­sätzlich nicht zuläs­sig (LAG Rheinland-Pfalz, AZ: 1 Sa 1116/03).

* Eine Kündigung des Weihnachtsgeldes per Aushang am Schwarzen Brett braucht nicht hingenommen zu werden (Bundesarbeitsgericht AZ: 10 AZR 69/96).

* Weihnachtsgeld steht auch Teilzeitbeschäftigten zu (anteilig im Verhältnis der Arbeitszeit zur Vollzeitbeschäftigung).

* Ist das übertarifliche Weihnachtsgeld Bestandteil einer Betriebsvereinbarung, kann es nur gestrichen oder gekürzt werden, wenn der Arbeitgeber die Be­triebsverein­barung fristgerecht kündigt und diese nicht nachwirkt.

* Bleibt die Frage: Kann das übertarifliche Weihnachtsgeld auch mit der nächsten Lohnerhöhung verrechnet werden? Dieses ist nicht möglich, wenn es als eigener Lohnbestandteil und ohne Vorbehalt im Arbeitsvertrag zuge­sichert wurde.

* Weihnachtsgeld darf Beschäftigten grundsätzlich nicht wegen Unzufriedenheit über Arbeitsleistung gekürzt oder ganz gestrichen werden (Arbeitsgericht Frankfurt AZ: 7 Ca 1743/99).

* Ein freiwilliges Weihnachtsgeld darf nur dann nach Leistung der Beschäftigten gewährt werden, wenn der Arbeitgeber die unterschiedliche Höhe rechtzeitig begründet, spätestens wenn Beschäftigte auf Gleichbehandlung pochen (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 11. Mai 2000 – 4 Sa 431/99).

* Ungleiche Behandlung muss begründet sein: Grundsätzlich darf ein Arbeitgeber beim Weihnachtsgeld Arbeiter und Angestellte nicht unterschiedlich behandeln. Die Pflicht, sie gleich zu behandeln, besteht nur dann nicht, wenn die Bildung unterschiedlicher Gruppen sachlich zu rechtfertigen ist. Wenn der Arbeitgeber Angestellte begünstigt und das mit der Absicht begründet, sie dadurch stärker an sich zu binden, muss er für seinen Betrieb konkret darlegen, warum eine stärkere Bindung einem objektiven, wirklichen Bedürfnis entspricht (BAG vom 12. Oktober 2005 – 10 AZR 640/04).

* Eine Zahlung von Weihnachtsgeld nach Gutdünken des Arbeitgebers hat das Arbeitsgericht Kiel als nicht zulässig gewertet. Ohne sachlichen Grund dürfe ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht vom Weihnachtsgeld ausnehmen, auch wenn diese Gratifikation freiwillig gezahlt werde (AZ: 5 CA 485a/99).

* Hat ein Arbeitgeber in einem Schreiben angekündigt, am Jahresende eine Treueprämie für geleistete Dienste auszuzahlen, so gilt die Ankündigung als Gesamtzusage, mit der Folge, dass auch gekündigte Mitarbeiter bedacht werden müssen, die zum Zeitpunkt der Grativikationsvergabe noch im Unternehmen beschäftigt waren (LAG München, 10 Sa 1291/04).

* Die Weigerung eines Unternehmens, einer Frau im Erziehungsurlaub Weihnachtsgeld zu zahlen, kann nach EU-Recht verbotene Diskriminierung sein. Die Luxemburger Richter stellten fest, dass eine solche Weigerung diskriminierend sei, wenn die Gratifikation eine Vergütung für die im Laufe des Jahres geleistete Arbeit sei.

* Sollte die Weihnachtsgratifikation aber eine freiwillige Sonderzuwendung darstellen und nur davon abhängen, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Zahlung in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis stehe, sei dies nicht als Diskriminierung anzusehen.

* Erkrankte haben Anspruch auf Weihnachtsgeld, sofern der Arbeits- oder Tarifvertrag nicht Kürzung bzw. Wegfall vorsieht (BAG AZ :10 AZR 404/97).

* Insgesamt ist festzuhalten: Man sollte beim Weihnachtsgeld seinen Arbeits­vertrag, Tarifvertrag und die geltenden Betriebsvereinbarungen genau prüfen. Der Betriebsrat, der Personalrat oder die Gewerkschaft können Auskunft geben. Gegebenenfalls sollten Ansprüche über das Arbeitsgericht eingeklagt werden.

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