BSG kippt ungerechte Sozialhilfe-Regelung

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BSG-Urteil: Sozialhilfebezieher, die mit Angehörigen zusammenleben, haben Anspruch auf Regelbedarfsstufe 1

25.07.2014

Sozialhilfebezieher, die mit Freunden oder Angehörigen zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen, haben Anspruch auf die Regelbedarfsstufe 1 (391 Euro). Das entschied der 8. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) am 23. Juli 2014 in drei Verfahren aufgrund mündlicher Verhandlung. Bisher galt die Regelbedarfsstufe 3 (313 Euro) für diesen Personenkreis.

BSG erklärt bisherige sozialhilferechtliche Praxis bei Regelbedarfsstufe 3 für rechtswidrig
Anspruch auf Sozialhilfe haben nach SGB XII nicht erwerbsfähige Personen, die hilfebedürftig und nicht in der Lage sind, mindestens drei Stunden am Tag zu arbeiten. Zum Bezugskreis gehören deshalb insbesondere Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen. Für diese Personen galt bisher eine Art „Ausnahmeregelung“ in der sozialhilferechtlichen Praxis. Wenn sie mit Angehörigen oder Freunden (nicht dem Partner) zusammen lebten, hatten sie nur Anspruch auf Regelbedarfsstufe 3.

Diese Regelung erklärte das BSG nun für rechtswidrig. Der Gesetzgeber gehe davon aus „dass erwachsenen Personen bei gemeinsamem Haushalt jeweils der Regelbedarf der Regelbedarfsstufe 1 (100 Prozent) zusteht. Für die Zuordnung zur Regelbedarfsstufe 1 ist damit nicht entscheidend, dass ein eigener Haushalt vollständig oder teilweise geführt wird; es genügt vielmehr, dass der Leistungsberechtigte einen eigenen Haushalt gemeinsam mit einer Person – gegebenenfalls mit Eltern oder einem Elternteil – führt, die nicht sein Partner ist. Lediglich wenn keinerlei Haushaltsführung beim Zusammenleben mit einer anderen Person festgestellt werden kann, ist ein Anwendungsfall der Regelbedarfsstufe 3 denkbar“, heißt es in einer Medienmitteilung des BSG.

Linke begrüßt BSG-Urteil
Die Linke begrüßt das Urteil. „Seit 2011 wurde diesen Menschen nur die Regelbedarfsstufe drei zugestanden, was eine Kürzung um 20 Prozent bedeutete. Dies betraf auch viele Menschen mit Behinderungen und ihre Familien“, erklärte die behindertenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Katrin Werner. „Diese Benachteiligung hatten viele Betroffeneninitiativen und Behindertenverbände sowie auch Die Linke scharf kritisiert. Es ist überfällig, dass diese ungerechte und menschenrechtswidrige Regelung nun korrigiert wird. Es ist bedauerlich, dass es dazu erst wieder eines höchstrichterlichen Urteils bedurfte. Die Koalition muss nun unverzüglich dafür sorgen, dass das Gerichtsurteil für alle etwa 40.000 Betroffenen umgesetzt und die Familien die ihnen vorenthaltenen Leistungen nachgezahlt bekommen.“

Bild: Gerd Altmann, Pixelio

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