Vorratsdatenspeicherung von Hartz IV Betroffenen

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Hartz IV – LSG München genehmigt erneut Vorratsdatenspeicherung bei ALG II Empfängern

17.07.2014

Das deutsche Bundesverfassungsgericht erklärte die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung mit Urteil vom 2. März 2010 für verfassungswidrig und nichtig. Der 7. Senat am Landessozialgericht (LSG) München hat nun innerhalb von 6 Monaten erneut beschlossen (L 7 AS 347/14 B ER vom 21. Mai .2014, zuvor schon in L 7 AS 579/13 B ER vom 14. November .2013), dass bei ALG II Empfängern eine anlasslose Datenspeicherung auf Vorrat für eventuelle zukünftige Klärungsbedarfe zulässig sei. Eigentlich müssten da beim Bundesdatenschutzbeauftragten alle Alarmglocken schrillen.

Konkret hat das LSG München geurteilt, dass das Jobcenter Kontoauszüge im Original oder in Kopie dauerhaft zur Verwaltungsakte des ALG II Empfängers nehmen darf. Ausschweifend begründet hat es diese Entscheidung damit, dass der Inhalt der Kontoauszüge im späteren Verlauf des Leistungsbezuges möglicherweise relevant werden könnte. In meisterlicher Ignoranz der rechtlichen Grundlagen sah es die rechtliche Zulässigkeit dabei in § 67c SGB X.

Die Zulässigkeit der Anwendung von § 67c SGB X wird u.a. durch § 67a Abs. 1 SGB X eingeschränkt. Voraussetzung für die Anwendung von § 67c SGB X ist dem Gesetzeswortlaut nach, dass die Datenspeicherung für die Aufgabenerfüllung aktuell erforderlich sein muss, wobei die Daten auch nur für einen konkret benannten Zweck erhoben und gespeichert werden dürfen.

Wie das LSG München selbst ausführt, sollen die Daten aber für mögliche in der Zukunft eintretende Zwecke im Voraus gespeichert werden, damit das Jobcenter, sollte es die so auf Vorrat gespeicherten Daten irgendwann einmal zur Aufgabenerfüllung benötigen, darauf zurückgreifen kann.

Die Daten der Kontoauszüge sollen also erhoben und gespeichert werden, ohne dass dafür ein konkreter Zweck vorliegt und ohne dass diese Daten aktuell für die Aufgabenerfüllung des Jobcenters erforderlich sind. Die Anwendung des § 67c SGB X scheitert also schon daran, dass die erforderlichen dort vom Gesetzgeber genannten Voraussetzungen klar erkennbar nicht vorliegen. Daran stört sich das LSG München aber nicht.

Tatsächlich gibt es im Sozialrecht keine rechtliche Grundlage für eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung, wie sie das LSG München hier unter rechtsirrtümlicher Anwendung des § 67c SGB X ausdrücklich billigt. Dass es sich bei Kontoauszügen im Original um Urkunden des ALG II Empfängers handelt, die das Jobcenter in Ermangelung rechtlicher Grundlagen (zum Einzug von Urkunden) gar nicht einbehalten darf, hat das LSG München auch ignoriert. Ebenso die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu dieser Thematik (vgl. u.a. B 14 AS 45/07 R und B 4 AS 10/08 R), die eine anlasslose Datenerhebung und -speicherung ausdrücklich für nicht zulässig hält und die Rückgabe von Urkunden an deren Inhaber fordert.

Diese Entscheidung des LSG München steht im direkten Widerspruch zur deutschen Gesetzgebung sowie höchstrichterlichen Rechtsprechung und etabliert wieder einmal ein außerhalb des Grundgesetzes stehendes Sonderrecht im Bereich des SGB II, ausschließlich für ALG II Empfänger geltend.

Wir können allen ALG II Empfängern, welche von diesem Beschluss betroffen sind, deshalb nur raten, umgehend Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen, bzw. sich bis zum BSG durchzuklagen. (fm)

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