Tacheles: Hartz IV-Unkunftskosten nachbessern

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Erwerbslosenverein Tacheles e.V.: Landesministerium muss bei Unterkunftskosten nachsteuern!

Der Erwerbslosenverein Tacheles fordert das nordrhein-westfälische Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) auf, die seit dem 1 Januar 2010 geltende Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der „angemessenen Wohnflächen" bei den Kosten der Unterkunft für Bezieher/innen von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII) in den eigenen Verwaltungsempfehlungen zu berücksichtigen. Das MAGS widerspricht in seinen „Arbeitshilfen“ für die Kommunen vom 01 März 2010 der Rechtslage und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Dies geht einseitig zu Lasten von Hartz IV- und Sozialhilfehaushalten. Dabei gerät das MAGS durch eine aktuelle Entscheidung des Landessozialgerichts NRW unter Druck.

Seit Wochen gibt es Verwirrung um die Wohnraumgrößen, die bei der Berechnung der angemessenen Mietkosten von Bezieher/innen von Sozialleistungen zugrunde gelegt werden müssen. Verantwortlich dafür sind neue „Arbeitshilfen" MAGS. Diese verstoßen nach Ansicht von Tacheles e.V. und einiger Mietervereine bei der Bemessung der Wohnungsgrößen gegen die geltende Rechtslage. Das MAGS hält 47 qm für eine Person, 62 für zwei Personen zuzüglich 15 m2; für jede weitere Person im Haushalt für ausreichend. Dabei beruft es sich auf die neuen Wohnraumförderbestimmungen (WFB).

Nach der Rechtsprechung des nordrhein-westfälischen Landessozialgerichtes (LSG) und des Bundessozialgerichts (BSG) müssten aber die seit Januar 2010 geltenden Wohnraumnutzungsbestimmungen (WNB) zugrunde gelegt werden. Diese sehen 50 m⊃2; für eine Person, 65 m2; für zwei Personen und zusätzlich 15 m2; für jede weitere Person vor. Bei besonderen persönlichen oder beruflichen Gründen sind diese Wohnungsgrößen noch einmal um 15 m2; anzuheben. Das wäre z.B. bei Rollstuhlfahrer/innen oder bei Alleinerziehenden mit Kindern über 6 Jahren der Fall. Das tatsächlich die geänderten Werte des WNB mit um 5 m⊃2; erhöhten Wohnungsgrößen Anwendung finden, hat das LSG NRW zuletzt in einer Entscheidung vom 24 März 2010 (Az. L 12 B 120/09 SO ER) klargestellt.

Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte muss die „angemessene Wohnfläche" mindestens den landesrechtlichen Regelungen für Wohnberechtigungsscheine im sozialen Wohnungsbau entsprechen (u.a. Bundessozialgericht, 17 Dezember 2009, Az. 4 AS 27/09 R). Diese Regelungen finden sich NRW in den Wohnraumnutzungsbestimmungen. Die hier angegebenen Wohnflächen bilden die Grundlage, nach denen die Kommunen in NRW die Höchstwerte für angemessene Unterkunftskosten ermitteln. Durch die Anhebung der angemessenen Wohnflächen in den WNB erhöhen sich automatisch die kommunalen Richtwerte für die Mietkosten, die von den Sozialbehörden zu übernehmen sind, um ca. 25 Euro. Hinzu kommen höhere Spielräume für die Neben- und Heizkosten.

Von der neuen Regelung profitieren jedoch nur die Leistungsbezieher/innen, die ab Januar dieses Jahres in eine angemessene Wohnung umziehen müssen, weil die alte Wohnung zu teuer ist, oder bei denen der Umzug aus anderen Gründen erforderlich ist. Bei den sogenannten Bestandsfällen gelten die um 5 m2; geringeren Wohnraumgrößen vor dem Januar 2010.

Zu den fehlerhaften Empfehlungen des MAGS vermutet Rechtsanwalt Holger Gautzsch, vom Mieterverein Dortmund, „dass das MAGS das Urteil des Bundessozialgerichts im Wortlaut nicht gekannt hat. Es wurde erst Anfang März veröffentlicht.“ Da aber waren die Empfehlungen des Landesministeriums bereits erschienen.

Harald Thomé, Vorsitzender von Tacheles, fordert nun Schadensbegrenzung und eine dringende Korrektur der behördlichen Linie: „Das MAGS muss seine Arbeitshilfen umgehend richtigstellen. Die ARGEn und kommunalen Träger müssen rückwirkend ab erste Januar 2010 die erhöhten Wohnraumgrößen anerkennen. Den Betroffenen ist der durch falsche Rechtsanwendung entstandene Schäden zu ersetzen. Schließlich müssen die gültigen Werte für die angemessenen Unterkunftskostens öffentlich bekanntgegeben werden.“ Den Betroffenen rät Tacheles, sich mit Widerspruch und Klage gegen rechtswidrige Entscheidungen zu wehren. (PM Tacheles, 06.04.2010)

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