Schwarz-Gelb hat über das Messen das Maß vergessen

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Schwarz-Gelb hat über das Messen das Maß vergessen!
Von Joachim Weiss

(08.06.2010) Die Reaktionen auf das gestern angekündigte Sparpaket der schwarz-gelben Regierungskoalition hätten kaum heftiger ausfallen können. Nicht nur von den Oppositionsparteien, sondern auch von den Gewerkschaften und Sozialverbänden hagelte es Kritik von allen Seiten. Der Paritätische Wohlfahrtsverband kommentierte die Vorlage der Bundesregierung als „absolut inakzeptabel“. Der Verband warnt vor einem »Auseinanderbrechen der Gesellschaft« und fordert die Rücknahme der arbeitsmarktpolitischen Kürzungen.

»Statt von den Starken zu nehmen um den Schwachen zu helfen, wird skrupellos ausgerechnet bei den Ärmsten gespart«, kritisiert Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Spitzenverdiener und Vermögende blieben von den Sparmaßnahmen verschont, während Arbeitslose und Geringbeschäftigte auf unverantwortliche Weise belastet werden. Es sei heuchlerisch, solche Maßnahmen mit einer Effizienzsteigerung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik zu begründen. “Dieses Maßnahmenpaket gleicht einem sozialen Sprengsatz. Es schafft keine Arbeitsplätze, sondern wird die Armut in unserem Land verschärfen. Nach den Milliardenhilfen für Banken und Automobilindustrie werden die Bürgerinnen und Bürger diese Ungerechtigkeiten nicht mittragen!“, so Schneider.

Organisationen wie Attac kritisieren die geplanten Ausgabenkürzungen im Sozialbereich, bei Hartz-IV-Empfängern und anderen Arbeitslosen als »unsozial und ökonomisch unsinnig«. „Auch die Krise, in der Griechenland und andere südeuropäische Länder derzeit stecken, hängt unmittelbar mit dem deutschen Lohn-, Steuer- und Sozialdumping zusammen”, wird Steffen Stierle, Mitglied im Attac-Koordinierungskreis, von der Neue Rheinische Zeitung zitiert:. „Die neoliberale Politik des schlanken Staates hat versagt. Das muss auch Schwarz-Gelb endlich zur Kenntnis nehmen. Sonst droht ein Desaster.”
Programmierte Altersarmut – Hartz-IV Rente ist nicht sicher!
Dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht nur vor dem Hintergrund sozialer Ungerechtigkeit, sondern auch nach Maßstäben von Effizienz und Nachhaltigkeit untauglich sind, zeigt sich an der beabsichtigten Streichung des Rentenzuschusses für Hartz-IV Empfänger besonders deutlich: Bisher zahlt die Bundesagentur für Arbeit (BA) zwar eine Pauschale von 40,80 Euro für Hartz-IV-Bezieher in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Das Altersruhegeld der Betroffenen erhöht sich dadurch pro Beitragsjahr um lediglich 2,09 Euro. Weil das nicht ausreicht, um nach längerer Arbeitslosigkeit Altersarmut zu vermeiden, fordern Experten seit Jahren eine angemessene Erhöhung der Pauschale. Nun soll das Gegenteil eintreten und die Streichung wird über die Zunahme der Zahllast für die Kommunen hinaus, all diejenigen Hartz-IV-Bezieher, die die während ihrer Berufstätigkeit noch nicht genug Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt haben, vor unlösbare Probleme stellen.
Vernachlässigte Synergie-Effekte

Man kann sich darüber hinaus fragen, warum Einsparungen im Sozialbereich immer auf Kosten der Betroffenen erfolgen sollen? Von Hartz-IV-Beziehern wird beispielsweise mit Selbstverständlichkeit erwartet, dass sie sich hinsichtlich der Größe und des Quadratmeterpreises ihrer Wohnung an aberwitzige Grenzwerte halten. Über die Kosten zahlreicher Verfahren, die deswegen an deutschen Sozialgerichten geführt werden – und zwar zu Lasten des Steuerzahlers – spricht niemand.

FDP Wirtschaftsminister Rainer Brüderle erntet Beifall, wenn er mehr Wettbewerb unter den privaten Energieversorgern einfordert. Sonderbar, dass auf der fieberhaften Suche nach Sparpotenzialen noch niemand auf die Idee gekommen ist, Regelungen einzuführen, die sicher stellen, dass Hartz-IV-Bezieher ihren Energiebedarf beim jeweils günstigsten Anbieter eindecken?

Warum ist RWE bisher der einzige Anbieter, der seinen Kunden einen Sozialtarif offeriert, während andernorts, zum Beispiel in Südbaden, durchweg der teuerste Anbieter zum Zuge kommt? Über das ganze Land gerechnet könnte ein entsprechendes Regelung die Städte und Gemeinden um mehrere hundert Millionen Euro jährlich entlasten und der Wettbewerb unter den privaten Energieversorgern würde sich vermutlich ebenfalls verbessern. (Joachim Weiss, www.gegen-stimmen.de)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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