Kein Hartz IV wegen Arbeit an jüdischer Schule?

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Wer tut, was der deutsche Außenminister sagt, wird doppelt in diesem Land bestraft. Keine Hartz IV Leistungen wegen der Arbeit an einer jüdischen Schule? Ein persönliche Bericht von Britta Gaedecke.

Im März 2007 starb mein Ehemann Joachim an den Folgen eines Herzinfarktes. Er erlitt diesen in einer Arztpraxis, wo er nicht wiederbelebt wurde. Der Notarzt vermochte meinen Mann zu reanimieren und er lebte noch genau vier Wochen in einem Wachkomazustand.

Kurze Zeit später verlor ich meine Arbeit in einem deutschen Großkonzern, als mir gesagt wurde, dass Witwen nicht mehr in das Unternehmen passen. Die gemeinsam mit meinem Mann verfasste Dissertation über die vietnamesische Diaspora vermochte ich nicht mehr zu Ende zu schreiben, zu sehr verband mich die Arbeit mit ihm.

Ich rutschte in die Langzeitsarbeitarbeitslosigkeit und fand keine neue Arbeit – nicht einmal an der Kasse bei einem Drogerie-Markt Um nicht zu verblöden, verfasste ich einige kleinere Bücher wie z.B. "Der achte Himmel" und beschäftigte mich mit der Zeit des Nationalsozialismus, als ich über die jüdische Gemeinde meines Heimatortes recherchierte und publizierte.

Anfang des Jahres 2010 wurde ich zu einem Gespräch bei der Arbeitsgemeinschaft in Hamburg vorgeladen. Jenes Gespräch hatte für mein Selbstbewusstsein fatale Folgen, als mein eher buntes und besonderes Leben auf dem Prüfstand der Behörde den kritischen Augen nicht gewachsen war. Mein Leben wurde bewertet und dies auf eine persönlich diskreditierende Art und Weise. Um aus der Hartz IV Schiene (und ich möchte darauf verweisen, dass mir das Geld nur als Darlehen gewährt wird, ich also alle Zahlungen an den Staat zurückzahlen muss) und der Abhängigkeit von den Entscheidungsträgern loszukommen, suchte ich nach Alternativen.

Ich bat um Umzugsgenehmigung nach Berlin, die abgelehnt wurde – man dürfe mich nicht in eine ökonomisch schwierige Situation bringen, könnte schließlich Berlin auch die Zahlung der Hartz IV Leistungen verweigern. Da ich weiß, dass derzeit Lehrermangel herrscht, wollte ich versuchen wegen meiner Publikationen und einer Weiterbildung in diese Richtung zu gehen. Ich bewarb mich bei Schulen im In- und Ausland um eine Mitarbeit, um möglichst schnell Erfahrungen zu sammeln – vor allem aber um aus der psychologisch sehr belastenden Dauerarbeitslosigkeit herauszukommen.

Die Heinz-Galinski-Schule in Berlin, eine jüdische Grundschule, gab mir diese Chance und es ist das Beste, was ich nach dem Tod meines Mannes habe machen können.

Ich arbeite dort ehrenamtlich täglich bis zum Ende dieses Schuljahres, mein Wohnsitz liegt weiterhin in Hamburg. Im Juli nach Ende der Arbeit an der Schule werde ich nach Hamburg zurückkehren.

Doch man verweigert mir nicht nur dauerhaft den Umzug nach Berlin (ich möchte logischerweise lieber in Berlin als in Hamburg leben) – nein, man verweigert die Genehmigung für ein Praktikum (das Formular wurde von der jüdischen Gemeinde von Berlin entsprechend ausgefüllt) und somit auch jeglichen Leistungsbezug. Seit April habe ich keine Leistungen erhalten und obgleich der Arbeitsgemeinschaft bekannt ist, dass mir nun im Juni 2010 die Räumungsklage in Hamburg droht, werden keinerlei Leistungen an mich gezahlt. Das Sozialamt lehnt aufgrund fehlender Zuständigkeit ebenfalls die Zahlung ab. Die Argumentation Anfang des Jahres, man dürfe mich nicht in eine drohende Obdachlosigkeit entlassen, wird nun entkräftet, als man mich genau in diese nun mit der eingestellten Zahlung schlittern lässt.

Ich kann mich des Verdachts nicht erwehren, dass hier eine kulturelle Diskriminierung vorliegt, da ich an einer jüdischen Schule arbeite. Würde ich das tun, was die Behörde vorschlug – nämlich um rauszukommen im Altersheim putzen zu gehen – so hätte ich keine Schwierigkeiten. Eine mit der Heinz-Galinski-Schule vergleichbare Schule gibt es in Hamburg nicht – außerdem lebte ich jahrelang in Berlin, schließlich war mein verstorbenener Mann gebürtiger Berliner.

Mir droht nun die Räumungsklage, weil ich in Berlin an der jüdischen Schule arbeite und versuche, meinen Lebenslauf durch ein solches Engagement aufzubessern. Auch tat mir diese Arbeit sehr gut, da die Dauerarbeitslosigkeit extrem belastend ist, alldieweil wir aus dem sozialen Leben dieser Gesellschaft völlig herausgelöst wurden.

Einesteils werden Hartz IV Empfänger in den Medien als arbeitsscheue Sozialschmarotzer geschildert, andererseits werde ich bestraft, wenn ich genau das tue, was der deutsche Außenminister uns so sehr ans Herz legte… Mein Engagement wird letztlich nur bestraft und ich lande aufgrund der Arbeit in der jüdischen Gemeinde unwiderruflich in der Obdachlosigkeit. Das darf in keinem Fall so in diesem Land möglich sein! (Eine Leserzuschrift von Britta Gaedecke)

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