Hohe Mieten treiben Menschen in die Armut

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Mieten steigen explosionsartig und treiben die Menschen in bittere Armut

22.07.2013

In vielen großen Städten sind die Mieten so hoch, dass einkommensschwache Familien dadurch weniger Geld als die staatliche Grundsicherung (Hartz IV) zum Leben haben. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Demnach besteht das Problem in mehr als jeder zweiten großen deutschen Stadt.

Regionale Unterschiede müssen stärker berücksichtigt werden
In 60 der 100 größten deutschen Städte führen hohe Mietpreise dazu, dass viele Menschen weniger Geld zur Verfügung haben als Bezieher der Grundsicherung. Das ergab eine Studie der Empirica AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Dabei wurde am Beispiel von – nach regionalen Maßstäben – einkommensschwachen vierköpfigen Familien berechnet, was nach Abzug der Mietkosten in den 100 größten Städten zum Leben übrig bleibt.

„Familien aus der unteren Mittelschicht und oberen Unterschicht geraten in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt finanziell stark unter Druck. Armut muss in Deutschland stärker regional erfasst und bekämpft werden", erklärte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Denn aufgrund bundesweit einheitlicher Armutsgrenzen werden regionale Unterschiede in den Lebenshaltungskosten bisher nicht berücksichtigt. So sind 2.000 Euro in Zwickau mehr Wert als in Hamburg, wo einkommensschwache Familien große Probleme haben, überhaupt eine geeignete und bezahlbare Wohnung zu finden.

Der Studie zufolge hat der Wohnungsmarkt zum Teil gravierende Auswirkungen auf das Budget von Familien, deren Einkommen unterhalb von 60 Prozent des ortsüblichen Gehaltes liegen. So berichtet die Bertelsmann Stiftung, dass eine Familie mit zwei Kindern in Jena gerade einmal 666 Euro pro Monat nach Abzug der Miete zum Leben übrig hat. Das entspricht einem verfügbaren Einkommen, das 43 Prozent unterhalb der staatlichen Grundsicherung liegt. Eine vergleichbare Familie mit Anspruch auf Hartz IV würde bundeseinheitlich 1.169 Euro erhalten. Auch in Städten wie Frankfurt am Main, Regensburg und Freiburg sind die Mieten so hoch, dass Familien mit geringen Einkommen deutlich unterhalb des Hartz IV-Niveaus leben. „Armut beeinträchtigt das Aufwachsen von Kindern. Wir müssen vor Ort genauer hinschauen, welche Familien mit Kindern mehr Unterstützung für gute Bildungs- und Entwicklungschancen benötigen“, forderte Dräger.

Jeder zweite Euro geht für die Miete drauf
In Frankfurt am Main, Jena, Freiburg und München müssen einkommensschwache Familien im Schnitt mindestens jeden zweiten Euro für die Miete aufwenden. Dagegen werden in Iserlohn und Witten nur 20 Prozent des Einkommens für Mieten ausgegeben. Der bundesweite durchschnitt liegt bei 30 Prozent des Familieneinkommens.

Die Entwicklung des regionalen Wohnungsmarktes führt auch zu strukturellen Problemen, denn in vielen großen Städten gibt es nur noch wenige Stadtteile, in denen die Mieten erschwinglich sind. Die Stiftung weist in diesem Zusammenhang unter anderem auf Städte wie Offenbach, Konstanz und München hin, wo sich einkommensschwache Familien von allen familiengeeigneten Angeboten lediglich jede hundertste Wohnung leisten könnten. „Der kommunale Wohnungsmarkt hat einen erheblichen Einfluss auf das Armutsrisiko von Kindern", erklärte Dräger. „Neben wohnungsmarktpolitischen Entscheidungen bedarf es in erster Linie einer gezielten Förderung von benachteiligten Stadtvierteln, um armen Kindern bessere Entwicklungs- und Bildungschancen zu bieten." (ag)

Bild: wobigrafie / pixelio.de

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