Heinrich Alt mit der „Sauren Gurke“ ausgezeichnet

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BA-Vorstand gewinnt den Preis für „Beleidigung, Ausgrenzung oder weitere Verschlechterung der sozialen Lage der Erwerbslosen“

05.03.2014

Die gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB Kreisverband Bonn / Rhein-Sieg verleiht Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), anlässlich ihres dreizehnten arbeitsmarktpolitischen Aschermittwochs die „Saure Gurke“. Den Preis erhalten Personen, die einen besonderen Beitrag zur „Beleidigung, Ausgrenzung oder weiteren Verschlechterung der sozialen Lage der Erwerbslosen“ geleistet haben, schreibt die Arbeitslosengruppe in einem offenen Brief an den Preisträger. Demnach habe Alt nichts gegen die hohe Zahl rechtswidriger Bescheide, die in seinem Zuständigkeitsbereich auftraten, sowie gegen die Sanktionspraxis der Jobcenter unternommen.

Jobcenter enthält häufig Leistungen vor
Alljährlich verleiht die gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB Kreisverband Bonn / Rhein-Sieg die „Saure Gurke“ an Aschermittwoch. In den vergangenen Jahren gehörten unter anderem Philipp Rösler (2012), Armin Cossmann von Amazon (2011) und Ursula von der Leyen (2010) zu den Preisträgern. Heinrich Alt wird der Preis für das Jahr 2013 aus verschiedenen Gründen verliehen. So änderte der „Arbeitsmarkt-Experte“ nichts an der gängigen Praxis, Hartz IV-Beziehern und ihren Bedarfsgemeinschaften Leistungen vorzuenthalten. „Mit Stand von Oktober 2013 waren bundesweit über 190.000 Widerspruchsverfahren gegen Bescheide der Jobcenter anhängig. Bei rund 60.000 Widerspruchsverfahren, die durchschnittlich in einem Monat abgeschlossen werden, gehen 35 Prozent zugunsten der Hartz-IV-BezieherInnen aus“, berichtet die Arbeitslosengruppe. „Zudem werden in jedem Monat rund 5.000 Klagen von Hartz-IV-BezieherInnen vor den Sozialgerichten gewonnen, die Erfolgsquote der Klagen liegt bei 44 Prozent. Mit anderen Worten: In nahezu jedem zweiten Hartz-IV-Fall, der bis vor das Gericht kommt, muss das zuständige Sozialgericht ein Jobcenter verpflichten, höhere Leistungen auszuzahlen – Leistungen, auf die ein gesetzlich verbrieftes Recht besteht und die zu Unrecht vorenthalten wurden.“

Alt unterstützt Sanktionenspolitik und Ausnahmen beim Mindestlohn
Die Arbeitslosengruppe kritisiert darüber hinaus, dass der Grundsatz des Förderns gemäß § 14 SGB II durch eine umfassende Unterstützung der Erwerbslosen mit dem Ziel der Eingliederung in den Arbeitsmarkt kaum Anwendung findet. So würden viele dringend benötigte Hilfen der Jobcenter gar nicht bei den jeweiligen Personengruppen ankommen. Als Beispiel führt die Arbeitslosengruppe die Schuldnerberatung an, die 2012 lediglich 33.000 Erwerbslose in Anspruch nehmen konnten. Schätzungen des DGB zufolge waren aber rund 1,1 Millionen Hartz IV-Bezieher stark verschuldet.

Ein weiter Vorwurf der Arbeitslosengruppe betrifft die Sanktionspraxis. „Mit der von Ihnen befürworteten Sanktionspolitik leisten Sie einen wesentlichen Beitrag nicht nur zur Verschlechterung der Situation der ‘hilfsbedürftigen Leistungsberechtigten’, sondern auch zur Verstetigung der existenziellen Unsicherheit“, heißt es in dem offenen Brief an Alt.

Nicht zuletzt waren es auch Alts Äußerungen zum Thema Mindestlohn, die ihm die „Saure Gurke“ einbracht haben. Das BA-Vorstandsmitglied unterstützt die Ausnahmen beim Mindestlohn, insbesondere die für Jugendliche. Alt zufolge sollen Jugendliche keinen Mindestlohn erhalten, da anderenfalls der Anreiz, eine Ausbildung zu absolvieren, fehlen würde.

DGB-Arbeitslosengruppe kritisiert Untätigkeit von Heinrich Alt
„Wir hätten aber erwartet, dass Sie – in Ihrem Verantwortungsbereich für den Rechtskreis SGB II und den Bereich operative Steuerung – Initiativen eingeleitet hätten, um die eklatanten strukturellen Defizite der Jobcenter und der kommunalen Sozialverwaltung zu überwinden. Wir hätten deutliche Worte in Richtung der politisch Verantwortlichen auf legislativer und exekutiver Ebene erwartet, um auf die nicht hinnehmbare Misere des Hartz IV- Systems hinzuweisen“, betont die Arbeitslosengruppe in ihrem Brief an Alt.

Von dem BA-Vorstandsmitglied gibt es bislang keine Stellungnahme zur Verleihung der „Sauren Gurke“.

Bild: Benjamin Klack / pixelio.de

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