Grüne: Kritik an Hartz IV unerwünscht

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21.06.2017

Ein Zehn-Punkte Plan der Grünen für den Bundesparteitag Mitte Juni steht, und er ist offen für alle Bündnisse, außer mit der AfD. Deshalb sind alle, laut Cem Özdemir „verbindlichen Angebote an die Wähler“ so unverbindlich, wie der Inhalt es nur zulässt.

Integration soll „zum Erfolg führen“, Klimaschutz, E-Mobilität, nachhaltige Landwirtschaft, Bürgerversicherung, Investitionen in Bildung und Ehe für alle lauten die „Themen“. Wer soll dagegen schon etwas haben?

Bis 2030 sollten, laut der Grünen, nur noch abgasfreie Autos in den Handel kommen. Von einem konkreten Datum ist jetzt keine Rede mehr. Da Deutschland verpflichtet ist, bis 2020 den CO2 Ausstoß um 40 % gegenüber 1990 zu verringern, müssten alle Parteien an der Regierung sich etwas einfallen lassen, um dies zu erreichen.

Für Hartz IV Betroffene ist jedoch weit wichtiger, was der von Cem Özedmir und Karin Göring-Eckardt entworfene Zehn-Punkte Plan nicht erwähnt. Ein Programmentwurf der Grünen enthielt durch Druck der „Parteilinken“ die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Abschaffung der Hartz IV Sanktionen. Diese zentralen Punkte lassen Özdemir und Göring-Eckardt unter den Tisch fallen.

Implizit distanzieren sich die beiden Spitzengrünen damit von einer möglichen Rot-Rot-Grünen Koalition, denn die Abschaffung von Hartz IV und nicht nur der Sanktionen sind wie die Vermögenssteuer elementare Punkte der Linkspartei, an denen sie voraussichtlich in keinem Fall rütteln wird.

Das Zehn-Punkte-Programm liest sich so zwischen den Zeilen als ein Anbiedern an die CDU. Özdemir und Göring-Eckardt sind als Opportunisten bekannt. Ein Bündnis mit der CDU und der FDP erscheint derzeit mehrheitsfähiger als mit SPD und der Linken. Vor allem die FDP würde eine Vermögenssteuer abschrecken – die CDU setzt bei Hartz IV auf verschärftes Kriminalisieren der bereits Entrechteten und wird vermutlich über ein Ende der Sanktionen nicht diskutieren.

Nach dem Ende des Ostblock-Kommunismus hatten viele sozial engagierte Menschen die Hoffnung auf eine rot-grüne Zeitenwende. Sie hofften, dass nach dem Ende der bürokratischen Diktaturen jetzt die soziale Demokratie und die eine Politik, die die natürlichen Ressourcen schont, zusammen wachsen würden.

Stattdessen kam die neoliberale Barbarei: In Großbritannien führte Tony Blair den sozialen Kahlschlag von Margaret Thatcher fort. In Deutschland verwandelte die für eine soziale und ökologische Verbesserung gewählte rotgrüne Koalititon unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer den bundesdeutschen Sozialstaat in den größten Niedriglohnmarkt Europas mit einer industriellen Reservearmee von entrechteten Erwerbslosen, die nach den Wünschen der Arbeitgeber jeden Job zu jeder Kondition nehmen müssen und ansonsten hungern.

In Großbritannien bekamen nicht nur die konservativen Tories, sondern auch die Neoliberalen in der Labour Partei eine schallende Ohrfeige – mit den 40 % Wählerstimmen für das sozialste Programm der britischen Sozialdemokraten seit über 30 Jahren.

Deutlich wird: Eine klassisch sozialdemokratisch SPD und eine sozial wie ökologisch ausgerichtete grüne Partei zusammen mit einer reformorientierten Linken hätte gute Chancen, an die Regierung zu kommen.

Mit den Göring-Eckardts und Cem Özedmir oder mit Martin Schulz, die nicht einmal die Sanktionen aus dem von SPD und Grünen umgesetzten Hartz IV Verbrechen nehmen wollen, ist eine solche Perspektive aber weit entfernt. (Dr. Utz Anhalt)

Bild: Gundolf Renze – fotolia

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