Fernsehen auch bei Hartz IV Bezug

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Auch Bremer Hartz IV Betroffene dürfen fernsehen

Bremen. Das Sozialgericht Bremen stärkt erneut die Rechte von Hartz IV-EmpfängerInnen: Fernseher gehört zum verfassungsrechtlich verbürgtem Anspruch auf das soziokulturelle Existenzminimum. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch II sind Leistungen für Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, nicht von der Regelleistung umfasst und werden gesondert, als einmalige Beihilfe, erbracht. Ein solcher Anspruch kann für ALG II- BezieherInnen nicht nur bei dem erstmaligen Auszug aus dem Elternhaus bestehen, sondern z.B. auch nach einer Trennung, vorheriger Obdachlosigkeit oder einem Gefängnisaufenthalt, wenn entsprechende Bedarfe auftreten bzw. bestehen sollten.

Die Leistungen für Erstausstattung können als Sach- oder Geldleistung und dabei auch in Form von Pauschalbeträgen erbracht werden. Gemäß der von der Bremer Sozialbehörde erlassenen Verwaltungsanweisung zu § 23 Abs. 3 SGB II vom 05 Feb. 2009 (Punkt 2.1 und Anlage 1 der Verwaltungsanweisung zu § 23 Abs. 3 SGB II), erfolgt in Bremen durch die BAgIS eine Leistungserbringung durch ein pauschalisiertes Verfahren.

Für den Bedarf für ein Wohnzimmer ist dabei für eine Einzelperson eine Pauschale in Höhe von 80 € vorgesehen. Sie enthält 3 Einzelposten für den Erwerb von gebrauchten Gegenständen (25 € für 1Wohnzimmersessel, 30 € für 1 Couchtisch, 25 € für 1 Regal) und berücksichtigt jedoch keine Bedarfe für 1 Fernseher, 1 Fernsehtisch, 1 Sofa oder Wandschmuck. Nach Auffassung der Sozialbehörde ist ein Fernseher zu den Gegenständen des persönlichen Bedarfs zu rechnen und deshalb sei im Rahmen der Erstausstattung hierfür keine Beihilfe zu gewähren (Verwaltungsanweisung § 23 Abs. 1, Seite 1). Die 23. Kammer des Sozialgerichts Bremen (Beschluss vom 02.07.2009- S 23 AS 894/09 ER) sieht in diesem Verfahren einen Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben:

"Die Pauschale steht jedoch der Höhe nach nicht im freien Ermessen des Leistungsträgers. (…) Orientierungspunkt ist der durchschnittliche Lebensstandard unterer Einkommensschichten, begrenzt allerdings durch den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf das soziokulturelle Existenzminimum.(…) Eine Absenkung der Leistungen -und damit auch der Pauschalen- aus reinen Spargründen ist nicht zulässig." (Seite 4)

Im Eilverfahren wurden dem Betroffenen deshalb zusätzlich 70 € für die Anschaffung von 1 Fernseher, 1 Fernsehtisch etc. zugesprochen. Damit hatte sich die 23. Kammer des SG Bremen der Argumentation des Sozialgerichts Frankfurt angeschlossen, deren 2 entsprechende Beschlüsse vom 28 Mai 2009 (S 17 AS 87/08 + S 17 AS 388/06) bundesweit für Aufsehen gesorgt hatten.
Der Bremer Erwerbslosenverband hat jetzt auch durch die 18. Kammer des Bremer Sozialgerichts (S18 AS 1936/09 ER vom 29 Oktober 2009) einen entsprechenden Beschluss erwirkt, durch den einer jungen Frau im Eilverfahren zusätzlich 70 € für das Wohnzimmer als Teil der Erstausstattung zugesprochen wurden (für Fernseher etc.). Beide Bremer Beschlüsse wurden von den RichterInnen für nicht anfechtbar erklärt.

Wir fordern die Sozialbehörde deshalb auf, die Pauschalen umgehend zu ändern und an die richterlichen Vorgaben anzupassen. Keine Haushaltssanierung auf Kosten der armen und sowieso schon genug benachteiligten Menschen in Bremen. Der BEV weist darauf hin, dass ein Anspruch auf Leistungen jedoch nicht besteht, wenn ein Fernseher z.B. aufgrund von Alter oder Verschleiß kaputt geht, sondern nur unter den Voraussetzungen einer "Erstausstattung" im Sinne von § 23 Abs. 3 SGB II. (13.11.2009)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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