Eingliederungsvereinbarung nicht ohne Gespräch

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Kein Zwang nach Ablehnung einer Eingliederungsvereinbarung, wenn kein Gespräch stattfand

18.02.2013

Zu Beginn des Hartz IV-Bezugs werden Leistungsberechtigte zu einer sogenannten Eingliederungsvereinbarung genötigt. Dabei werden Eckpunkte festgelegt, die künftig seitens des Betroffenen umgesetzt werden sollen. Im Besten Falle verpflichtet sich auch das Jobcenter zu unterstützenden Maßnahmen. Alle diese Punkte werden in einem Gespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiter besprochen. Eine Eingliederungsvereinbarung löst aber immer wieder Ärger, Kummer und Stress aus. Denn vielmals werden Hartz IV-Bezieher zu Maßnahmen genötigt, die sie selbst als nicht zielführend erachten. Viele wehren sich gegen den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung, auch weil noch nicht einmal ein Gespräch stattfand, sondern die Vereinbarung einfach vorgefertigt per Post zur Unterschrift zugestellt wurde. Doch das Bundesgericht in Kassel urteilte aktuell: Ein Bescheid zu Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt darf erst dann erlassen werden, wenn ein Hartz IV Bezieher diese nach einem gemeinsamen Gespräch abgelehnt hat Az.: B 14 AS 195/11 R.

In der Praxis werden seitens des Erwerbslosen abgelehnte Eingliederungsvereinbarungen mit einem Verwaltungsakt seitens des Jobcenters beantwortet und erzwungen. Doch ein Erzwingen kann nicht stattfinden, wenn noch nicht einmal ein Zielführendes Gespräch stattgefunden hat. Im verhandelten Fall hatte ein erwerbsloser Agrarwissenschaftler gegen den Verwaltungsakt des Jobcenters geklagt. Der Kläger hatte vom Jobcenter des Landkreises Sigmaringen eine bereits vorformulierte Eingliederungsvereinbarung erhalten, die der Kläger unterschreiben sollte. Doch die aufgezählte Punkte entsprachen nicht dem Willen des Betroffenen. So widersetzte sich dieser der Unterschrift, woraufhin die Vereinbarung mit einem Verwaltungsakt ersetzte.

Der Bescheid trug den gleichen Inhalt wie die zuvor abgelehnte Eingliederungsvereinbarung. Die benannten „Vereinbarungen“ zur Reintegration sollten zehn Monate gelten. Dagegen setzte sich der Betroffene zur Wehr, weil seiner Meinung nach der Verwaltungsakt rechtswidrig sei. Die Hartz IV-Behörde habe nicht hinreichend geklärt, welche Stärken oder Schwächen er habe. Zudem seien die Vorgaben zur Arbeitsmarkt-Integrierung nur angerissen und ungenau beschrieben worden.

Beischeid war rechtswidrig
Das Bundessozialgericht gab der Klage statt und sah zahlreiche Punkte in dem Bescheid als rechtswidrig an. Bereist eine Gültigkeitsdauer von zehn Monaten überschreite den vorgeschriebenen Zeitraum. Die Vorschriften besagen, dass maximal sechs Monate zu veranschlagen seien.

Die Richter des Bundesgerichts schoben jedoch eindeutig der gängigen Praxis der Jobcenter einen Riegel vor, Eingliederungsvereinbarungen bei Ablehnung gleich mit einem Verwaltungsakt zu begegnen. „Ein Bescheid ist erst zulässig, wenn der Leistungsberechtigte die zuvor vorgelegte Eingliederungsmaßnahme ohne Begründung abgelehnt hat“, so die Richter des 14. Senats.

Urteil stellt sich gegen vorige Entscheidung
Damit stellten sich die Richter in einigen Punkten gegen eine damaliges Urteil des 4. Senats des BSG. Damals hatten die Bundessozialrichter entschieden, dass Bezieher von Hartz IV Leistungen keinen Anspruch auf eine individuelle Eingliederungsvereinbarung haben (Az.: B 4 AS 13/09 R). Zudem gebe es keinen Anspruch für Arbeitslosengeld II Bezieher, über die Eingliederung per Zuweisung eines persönlichen Ansprechpartners zu verhandeln.

Laut des aktuellen Urteils des 14 Senats muss sich das Jobcenter mindestens um ein Gespräch bemühen. Werde dann die Eingliederungsvereinbarung grundlos abgelehnt, könne die Behörde auch per Verwaltungsakt die betroffene Person zur Eingliederungsmaßnahme verpflichten. (sb)

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