Armut trotz Arbeit in ganz Europa

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20.11.2016

Die Bertelsmann-Stiftung veröffentlicht: Immer mehr Vollzeitbeschäftigte stehen am Rand der Armut. 2015 waren das 7,8 % im Unterschied zu 7,0 % 2009.

Die Ursachen sind ein wachsender Niedriglohnsektor und eine Aufspaltung der Arbeit in reguläre und ungeregelte Arbeitsformen. Der Bertelsmann-Vorstandschef Aart de Geus erläutert: „Ein Vollzeitjob muss nicht nur das Einkommen sichern, sondern auch das Auskommen. Ein steigender Anteil von Menschen, die dauerhaft nicht von ihrer Arbeit leben können, untergräbt die Legitimität unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung.“

Weniger Aufstocker in Vollzeitjobs
Zurück geht hingegen die Zahl der Lohnabhängigen, die ihren Vollzeitjob mit Hartz-IV aufstocken. 2016 bezogen 181.000 Vollbeschäftigte Hartz-IV, ein Jahr zuvor waren es 18.000 weniger. 2009 gab es sogar 338.000 Vollzeitangestellte, die mit Hartz-IV aufstockten. Außerdem sank die Zahl der aufstockenden Selbstständigen und Mini-Jobber.

Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass die Löhne stiegen. Umgekehrt wuchs nämlich die Zahl der Hartz-IV-Abhängigen in Teilzeitjobs – von 215.000 2009 auf 384.000 2015. Insgesamt gibt es nur noch 1,18 Millionen Aufstocker, das ist der niedrigste Stand bisher.

Das Armutsrisiko steigt trotzdem
Ob Vollzeitbeschäftigte Hartz-IV beziehen oder nicht, hat indessen nichts mit der tatsächlichen Gefährdung durch Armut zu tun. So hält die Stiftung fest, dass die reale Gefahr, in Armut zu kommen, seit 2009 auch in Deutschland bei Vollbeschäftigten stieg. Der Grund dafür ist in Deutschland der gleiche wie im Rest Europas: Niedriglöhne und eine Spaltung des Arbeitsmarktes.

Ein Mitarbeiter der Studie sagt: „Wir waren überrascht, dass trotz steigender Beschäftigung in Europa das Armutsrisiko, auch in Deutschland, nicht geringer wird.“

Jeder vierte vor der Armutsfalle
Jeder vierte Bürger der EU ist laut Studie von Armut bedroht, in Griechenland und Rumänien jeder Dritte, in Bulgarien fast jeder zweite. Hauptleidende sind Kinder und Jugendliche. Jedes zehnte Kind in der EU erlebe schwer wiegende materielle Entbehrungen, aber nur 6 % der über 65-jährigen.

Ungleichgewicht der Generationen
In Deutschland hapere es besonders daran, die soziale Sicherung nachhaltig zu gestalten. Die Rentenreformen in Deutschland gingen erstens auf Kosten der jüngeren Generationen und schützten zweitens nicht vor Altersarmut. Die Studie schließt: „Aus diesem Grund zählt Deutschland zu den Ländern, die sich in Sachen Generationengerechtigkeit in den letzten Jahren am stärksten verschlechtert haben.“ (Dr. Utz Anhalt)

Bild: Comofoto – fotolia

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