Hartz IV: Arbeitslos ohne Leistungsanspruch

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Sind auch Sie von Ihrer Arbeitsagentur angenervt und deren ständigen Meldeterminen, Infoveranstaltungen oder Maßnahmen – obwohl Sie keine Geldleistung bekommen? Wie umgehen mit zunehmendem
Druck und Schikanen?

Wird Ihnen in einem unfreundlichen Ton immer wieder sagt, welche Auflagen und Pflichten erfüllt werden müssen? So geht es mittlerweile vielen. Denn seit einiger Zeit „kümmern“ sich die Ämter verstärkt um Arbeitslose, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I oder ALG II) haben. Wenn die Ämter Arbeitsplätze anbieten würden, von denen man leben kann oder Maßnahmen, die tatsächlich etwas bringen – das wäre ja prima und wunderbar. Aber bei vielem, was die Ämter zurzeit tun, scheint
es eher darum zu gehen, Arbeitslose vergraulen zu wollen und loszuwerden – vor allem aus der Statistik.

Dürfen die Ämter das?
Im Prinzip ja – leider. Arbeitslos ist, wer keine Arbeit hat (genauer gesagt: wer höchstens 14 Std. und 59 Min. die Woche arbeitet) – denkt man. Leider ist es in Wirklichkeit komplizierter. Denn im Gesetz ist festgelegt, dass arbeitslos nur derjenige ist, der zudem

– eine Arbeit sucht, d.h. sich selbst aktiv um Arbeit bemüht (und sich z.B. bewirbt)

– den Vermittlungsbemühungen des Amtes zur Verfügung steht (dazu gehört auch, Meldetermine wahrzunehmen und an Maßnahmen teilzunehmen)

– arbeitslos gemeldet ist (wer keine Leistung bekommt, der muss die Meldung alle drei Monate wiederholen).

Vorteile der Arbeitslosmeldung
Sie sollten nicht vorschnell die Flinte ins Korn werfen und sich beim Amt abmelden. Denn das kann Nachteile bringen. Auch wenn Sie keine Geldleistung vom Amt bekommen, kann es bares Geld wert sein, arbeitslos gemeldet zu bleiben.

RENTE: Zeiten der Arbeitslosigkeit (ohne Leistungsbezug) erhöhen ihren Rentenanspruch zwar nicht. Es sind aber so genannte Anrechnungszeiten. Die können wichtig sein, um bestimmte Anspruchsvoraussetzungen bei der Rente zu erfüllen. Dazu zwei Beispiele: Um eine "Rente wegen Erwerbsminderung" bekommen zu können, muss man u.a. in den letzten fünf Jahren drei Jahre lang Pflichtbeiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben. Zeiten der Arbeitslosigkeit verlängern diese Fünf-Jahres-Frist weiter in die Vergangenheit hinein, das heißt, sie können helfen, diese Hürde zu meistern. Für die "Rente für langjährig Versicherte" braucht man eine Vorversicherungszeit (so genannte Wartezeit) von 35 Jahren. Zeiten der Arbeitslosigkeit zählen dabei mit!

KINDERGELD: Auch für Kinder zwischen 18 und 21 Jahren kann man Kindergeld bekommen – wenn die Kinder arbeitslos bzw. arbeitsuchend gemeldet sind.

Was tun?
– Lassen Sie sich von Ihrer Rentenversicherung beraten: Klären Sie, ob und welche Bedeutung es für Sie hat, arbeitslos gemeldet zu sein. Vielleicht müssen Sie nur noch einige wenige Monate durchhalten, um einen Vorteil bei der Rente zu haben. Oder aber die Zeit der Arbeitslosigkeit bringt Ihnen gar nichts, weil Sie rentenrechtliche Voraussetzungen sowieso, auch mit Arbeitslosmeldung, nicht
erfüllen können.

– Wenn die Zeit der Arbeitslosigkeit für Sie wichtig ist, dann sollten Sie alle Auflagen des Amts erfüllen und Einladungen zu Terminen oder Aufforderungen zur Teilnahme an Maßnahmen auch nachkommen.

– Wie viele Bewerbungen Arbeitslose nachweisen müssen ist umstritten. Ein Gericht meint, dass drei pro Monat reichen, ein anderes meint zehn seien zumutbar. Wir meinen: Eine starre Vorgabe für alle ist unzulässig. Vielmehr muss der Einzelfall berücksichtigt werden: Was können Sie leisten und welche Aussicht auf Erfolg haben Ihre Bewerbungen überhaupt? So steht es auch in einer
Dienstanweisung der Bundesagentur für Arbeit (DA 79 zu § 119). Weisen Sie ihren Sachbearbeiter darauf hin

– Wenn das Amt Ihnen den Status „arbeitslos zu sein“ ab erkannt hat oder aberkennen will: Reichen Sie beim Sozialgericht eine so genannte Feststellungsklage ein: Das Gericht soll feststellen, dass Sie – entgegen der Auffassung des Amtes – sehr wohl weiterhin arbeitslos sind und die ganze Zeit waren. Sie können diese Klage auch mündlich zur Niederschrift einreichen. Keine Angst! Sie werden dort fair behandelt und Sozialgerichtsprozesse sind für Sie kostenfrei. Bringen Sie Kopien von Ihren Bewerbungsbemühungen
mit. (Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen, 08.10.2008)

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