Beschluss der EU- Dienstleistungsrichtlinien

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Dienstleistungsrichtlinie im EU-Parlament beschlossen
Am 11. Februar 2006 fanden riesige Demonstrationen gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie (auch bekannt als Bolkestein-Richtlinie) in Berlin und Strasbourg statt. Umso erstaunlicher ist, dass der heutige Beschluß durch das Europäische Parlament ohne viel öffentliches Aufsehen über die Bühne ging.

Das EU-Parlament hat die lange umstrittene Dienstleistungsrichtlinie in zweiter Lesung verabschiedet. Der erste Entwurf des früheren EU-Binnenmarktkommissars Frits Bolkestein wurde aufgrund des Protests (vor allem seitens der Gewerkschaften) verändert. Es wurde ein scheinbar entschärftes Kompromisspapier erstellt, in dem das umstrittene Wort des Herkunftslandprinzips gestrichen wurde aber viele weitere verheerende Punkte weiterhin (zum Teil vage formuliert) im Text blieben. Das in der EU-Kommission und im EU-Rat verhandelte Kompromisspapier folgt weitgehend den Wünschen der Neoliberalen, die Einigung im Rat (der sogenannte Gemeinsame Standpunkt) bildete die Grundlage für die 2. Lesung im Parlament.

Es wird erwartet, dass der Rat die Vorlage im Dezember beschließt. Danach haben die Mitgliedstaaten drei Jahre Zeit, die Richtlinie rechtlich umzusetzen. In Kraft treten dürfte die Dienstleistungsrichtlinie damit frühestens im Dezember 2009.

Verdi Kritik an den Dienstleistungsrichtlinien

Ver.di kritisiert das Vorgehen von EU-Kommission und Europäischem Rat: Sie setzten sich "dem Verdacht aus, die Dienstleistungsfreiheit im Sinne einer immer schrankenloseren Freiheit der Entfaltung der Unternehmen auszulegen – weit über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes". Nicht gewahrt würden dabei des Sozialmodell Europa und die Interessen der Beschäftigten. Die von der Europäischen Kommission angeführten Studien zu Wachstum und Beschäftigung aufgrund der Dienstleistungsrichtlinie hält ver.di für ungenau und ungeeignet. Zwar hätten mehr Wettbewerb, Deregulierung und Privatisierung den Unternehmen sinkende Kosten und höhere Gewinne beschert, aber zugleich seien auch viele Arbeitsplätze abgebaut, die Reallöhne gesenkt und der Anteil prekärer Beschäftigung erhöht worden.

Kritisiert wird also auch die Einschränkung der Kontrollmöglichkeiten des Arbeitslandes zur Durchsetzung seiner Mindeststandards bei Lohn, Arbeitszeit, Urlaub und Arbeitsschutz nach der Entsenderichtlinie 96/71 EG. Unternehmen, die ihre Beschäftigten grenzüberschreitend einsetzen, sollten sich nach dem Vorschlag im Arbeitsland nicht mehr anmelden müssen, brauchten dort keine Verantwortlichen mehr zu benennen und keine Arbeitspapiere mehr bereitzuhalten. dies wäre ein deutliche Verschlechterung für Arbeitnehmer/innen.

Werde die EU Richtlinie so umgesetzt, würden

* wegen Artikel 16 der Richtlinie künftig 27 verschiedene Rechtssysteme in 22 Sprachen nebeneinander gelten,
* nationale Souveränität und Rechtsprechung ohne demokratische Legitimationstark eingeschränkt,
* die öffentliche Kontrolle ausländischer Unternehmen und ihrer Beschäftigten weitgehend außer Kraft gesetzt,
* unbekannte Folgen für die Beschäftigung wie auch für das deutsche Rechts- und Regelungssystem in Kauf genommen,
* Dienstleistungsunternehmen sich jeweils das Land mit dem für sie günstigsten Recht herauspicken,
* Lohn- und Sozialdumping betrieben und
* Qualitätsstandards sinken.

Zwar habe das Europäische Parlaments in seiner ersten Lesung der Richtlinie einige dieser Besorgnisse ausgeräumt. Doch hätten Kommission und Europäischer Rat dies wieder weitgehend zurückgenommen.

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