Mein Leben mit Hartz IV

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Es gibt in Deutschland eine Plage: die" Hartzkrämer". HARTZ IV Empfänger bekommen von heute auf morgen Leistungsbescheide, mit denen Ihnen das so genannte Arbeitslosengeld II gekürzt wird – auch drastisch.

Ich schildere Ihnen kurz meinen eigenen Fall.
Ich bin als ehemaliger Rechtsanwalt, der durch Naivität und eigene Dummheit, Ehescheidung, eine brutale Einkommensbesteuerung (die mittlerweile geändert wurde) und Krankheit den „Hartzkrämern“ in die Finger gefallen bin – ich bin sicher: vorüber gehend. Aber auch das ist schwer erträglich!

Mir wurde über ein Jahr die Miete von 619 € ausgezahlt. Ich bin 62, behindert und herzkrank. Seit August 2006 bekomme ich unangekündigt und ohne Begründung nur noch 740 €. Ziehe ich die Zuzahlungen für Medikamente und Arztbesuche und Klinikaufenthalte ab, verbleibt mir weder die Möglichkeit, die Miete zu bezahlen noch meinen Lebensunterhalt zu bestreiten: Ich habe nicht einmal die Option, meine Verhältnisse der stark reduzierten Leistung des Job-Centers anzupassen – zum Beispiel durch einen Umzug.

In Berlin vermieten viele Eigentümer von Wohnungen nicht mehr an HARTZ-IV- Empfänger. Entweder sie entziehen sich dem Wirrwarr der öffentlichen Diskussion um HARTZ IV, indem sie die Miete über 360 € anheben, oder sie sagen es dem Bewerber völlig ungeniert. Der HARTZ IV-Empfänger ist also als Mietinteressent bei Mieten über 360 € aus dem Rennen der Wohnungsbewerber, wenn die Miete auch nur ein Euro höher ist. Er bekommt die Mietübernahmeerklärung des JobCenters nicht.

In meinem Fall waren 20,11 € der Grund, mir die benötigte Mietgarantie für die Anmietung einer Wohnung zu verweigern – obschon ich nur eine über 360 € gefordert hatte. Ich war bereit, den überschießenden Anteil selbst aufzubringen.

Damit ist die soziale Wirklichkeit noch nicht ganz dargestellt. Zu dieser sozialen Wirklichkeit gehört die Behandlung, welche die Job-Center -Bürokraten ihrer Klientel bei der Wohnungssuche angedeiht lassen. Sie lassen sie auf den Fluren vor ihren komfortablen Dienstzimmern ohne Not warten; dann behandeln sie sie von oben herab.

In den Menschenschlangen der Job-Center stehen überwiegend junge Leute, viele von ihnen mit ihren Kleinkindern auf den Armen, so als wollten sie in der Bürokratie um Barmherzigkeit flehen. Sie werden so behandelt wie ich. Nur: sie können sich nicht so wehren, wie ich es mit meiner Biografie kann. Ich habe 25 Jahre als Rechtsanwalt gearbeitet.

Werden im Hauruckverfahren die Menschen in die Gefahr der Obdachlosigkeit oder Einsamkeit durch behördliche Willkür und Gesetzlosigkeit „beschieden“ oder „verfügt“, so ist es dagegen mit dem Fördern nicht weit her. Was heißt nicht weit her: es findet nicht statt. Dieses Heer von neuen Stelleninhabern hat vielen Unfähigen ein warmes Plätzchen beschert, von dem aus sie jetzt das Land von den Schmarotzern befreien wollen. Das scheint die Mission zu sein, die sie erfüllen wollen – nicht generell, aber doch in vielen Fällen. 500.000 Umzüge wurden durch diese Praxis bereits generiert. 500.000 Umzüge!

Ich zum Beispiel habe eine Tabakentwöhnungsmethode zur Marktreife entwickelt. Da ich völlig mittellos gemacht worden bin – der erste Steuerbescheid in Berlin ging über 729.000 DM, wovon ich mich aus der Rückschau betrachtet nie mehr ganz erholt habe – kam ich auf die Idee, Einstiegsgeld zu beantragen.

Innerhalb weniger Tage erhielt ich den ablehnenden Bescheid. Begründung: es gebe zu viele Tabakentwöhnungsmethoden! Dabei ist es bis heute geblieben. Seit über einem Jahr warte ich auf einen Verhandlungstermin beim Sozialgericht.
Ich warte und lebe mit Hartz IV, dank der "Hartzkrämer"…

Dies ist ein Leserbeitrag von Friedrich Lautemann. Wollen Sie auch einen Artikel schreiben? Lesen Sie hier weiter!

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