Arbeitslos: Anspruch auf Bürgergeld oder Arbeitslosengeld?

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Wurden Sie gekündigt oder läuft Ihr Arbeitsvertrag aus und Sie fragen sich nun, wie es weitergeht und ob Sie Anspruch auf Bürgergeld oder Arbeitslosengeld haben? In unserem Ratgeber erfahren Sie alles Wissenswerte über eine bevorstehende Arbeitslosigkeit, um unangenehme Überraschungen wie Sperrzeiten zu vermeiden. Denn bereits bevor die Arbeitslosigkeit offiziell beginnt, müssen Sie aktiv werden, damit Sie von Beginn der Arbeitslosigkeit an abgesichert sind.

Bürgergeld oder Arbeitslosengeld?

Die finanzielle Sicherheit ist oft eine der ersten Sorgen, die mit einer Kündigung einhergehen. Habe ich Anspruch auf Arbeitslosengeld und wenn ja, wie viel Geld bekomme ich monatlich und wie lange?
Wer über längere Zeit in einem Angestelltenverhältnis gearbeitet hat, bekommt in der Regel zunächst Arbeitslosengeld (früher ALG I). Erst wenn dieser Anspruch aufgebraucht ist, folgt die Absicherung über den Bürgergeld-Bezug. Anspruch auf Arbeitslosengeld haben alle Personen, die

  • innerhalb der letzten 30 Monate vor der Arbeitslosigkeit mindestens 12 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben,
  • in der Lage sind, mindestens 15 Stunden pro Woche einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen,
  • sich bei der Agentur für Arbeit rechtszeitig arbeitslos gemeldet haben,
  • mit Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit aktiv nach einer neuen Stelle suchen.

Hinzu kommen einige Ausnahmen, die den Bezug von Arbeitslosengeld ermöglichen. Beispielsweise können Selbstständige Arbeitslosengeld beziehen, wenn sie sich arbeitslos melden und zuvor mindestens 12 Monate freiwillig in der Arbeitslosenversicherung versichert waren.
Mütter und Väter, die aufgrund der Erziehung eines Kindes bis zum dritten Lebensjahr nicht gearbeitet haben, haben unter Umständen auch Anspruch auf Arbeitslosengeld, insbesondere wenn sie vor der Auszeit durch die Erziehung noch einen Anspruch hatten.
Auch arbeitslose Personen, die Krankengeld beziehen, können nach dem Ablauf Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, wenn dieser vor dem Erhalt des Krankengeldes bestand.
Für Menschen mit befristeten Beschäftigungsverhältnissen gelten kürzere versicherungspflichtige Arbeitszeiten. In diesem Fall genügt es, wenn mindestens 6 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wurde, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu haben.

Für Menschen, bei denen die oben genannten Kriterien nicht zutreffen, kommt der Bürgergeld-Bezug in Frage. Weitere Informationen hierzu finden Sie in unserem Online-Ratgeber „Was ist das Bürgergeld und was war Hartz IV?“.

Arbeitslosengeld: Wie viel Geld bekomme ich?

Ihr Arbeitslosengeld wird anhand Ihres Gehalts der letzten 12 Monate berechnet. Nur der Teil des Gehalts, der in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wurde, wird beachtet. Wenn Sie zum Beispiel einen Minijob hatten, wird dieser Teil nicht gezählt. Für die Berechnung des Arbeitslosengeldes rechnen die Sachbearbeiter der Agentur für Arbeit das Gehalt der letzten 12 Monate zusammen und teilen dies durch 365. Auf diese Weise wird der Tagessatz ermittelt, der von der Arbeitsagentur als „Bemessungsentgelt“ bezeichnet wird.

Von diesem Bemessungsentgelt werden rechnerisch Steuern, möglicherweise ein Solidaritätszuschlag und eine feste Summe für Sozialversicherung (20 Prozent) abgezogen. Aus diesem Ergebnis wird der Tagessatz für das Arbeitslosengeld abgeleitet. Betroffene ohne Kind bekommen 60 Prozent des errechneten Leistungsentgelts. Wer mindestens ein Kind hat, bekommt 67 Prozent.

Als Faustregel können die meisten Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld davon ausgehen, dass sie in etwa 60 Prozent ihres letzten Nettoeinkommens als Arbeitslosengeld erhalten, wenn sie kein Kind haben und 67 Prozent, wenn sie mindestens ein Kind haben. Die Bundesagentur für Arbeit stellt auf ihrer Webseite auch entsprechende Rechner für das zu erwartende Arbeitslosengeld bereit.

Arbeitslosengeld: Dauer des Anspruchs

Wie lange Sie Arbeitslosengeld erhalten ist von mehreren Faktoren abhängig, insbesondere von dem Alter und der Anzahl der Monate, in der in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt wurde.

Personen, die unter 50 Jahre als sind, können maximal 12 Monate Arbeitslosengeld beziehen, wenn Sie zuvor mindestens 24 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Bei Menschen ab 50 Jahren verlängert sich der Anspruch schrittweise auf bis zu maximal 24 Monate im Alter von 58 Jahren. Um den vollen Anspruch zu erhalten, müssen Sie vorher die doppelte Anzahl an Monaten in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.

Bei befristeten Arbeitsverträgen ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits nach 6 Monaten erfüllt. Der Anspruch besteht jedoch nur für die Hälfte der Monate, in denen in die Versicherung eingezahlt wurde. Wer also beispielsweise 10 Monate in einem versicherungspflichtigen befristeten Arbeitsverhältnis gearbeitet hat, hat im Anschluss 5 Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Verlängerter Bezug für Ältere

Wie oben bereits erwähnt, können 50-Jährige und Ältere statt der üblichen zwölf Monate bis zu 24 Monate lang Arbeitslosengeld bekommen. Haben Sie als Ü-50er mindestens 30 Beitragsmonate in den letzten fünf Jahren, bekommen Sie 15 Monate lang Arbeitslosengeld.

Sind Sie mindestens 55 und haben mindestens 36 Beitragsmonate in fünf Jahren, bekommen Sie 18 Monate. Liegt der 58. Geburtstag hinter Ihnen, bekommen Sie bei 48 Beitragsmonaten innerhalb der letzten fünf Jahren 24 Monate Arbeitslosengeld.

Wenn Sie kurz vor einem Geburtstag arbeitslos werden, kann es vorteilhaft sein, den Bezug von Arbeitslosengeld etwas hinauszuzögern. Wenn Sie beispielsweise Ihren Job einen Monat vor Ihrem 58. Geburtstag verlieren, lohnt es sich wahrscheinlich, den Antrag erst nach Ihrem Geburtstag zu stellen.

Beantragen Sie noch mit 57 Arbeitslosengeld, ist nach 18 Monaten Schluss mit dem Bezug. Wenn Sie den einen Monat überbrücken können, verlängert sich die Bezugszeit für Sie jedoch auf 24 Monate.

Das ist zulässig. Sie können bei der Arbeitslosmeldung selbst bestimmen, ab wann der Leistungsbezug beginnen soll. Dann bekommen Sie zwar für die Tage bis zum 58. Geburtstag kein Arbeitslosengeld aber dafür um bis zu sechs Monate länger!

Aber: Krankenversicherungsschutz beachten! Nach dem Verlust des Arbeitsplatzes wirkt für Pflichtversicherte der alte Krankenversicherungsschutz noch einen Monat nach. Danach müssen Sie Ihre Beiträge selbst zahlen.

Ist die Kündigung rechtens?

Wenn Ihnen gekündigt wurde, sollten Sie als erstes vom Betriebs-, Personalrat, der Mitarbeitervertretung (BR/PR/MAV) oder Ihrer Gewerkschaft prüfen lassen, ob die Kündigung rechtmäßig ist: Hat Ihr Arbeitgeber den Kündigungsschutz beachtet?

Wurden BR/PR/MAV ordnungsgemäß angehört? Ist eine Kündigungsschutzklage sinnvoll? Wenn Sie eine Kündigungsschutzklage in Erwägung ziehen, drängt die Zeit. Klagen müssen Sie innerhalb von drei Wochen, nachdem Sie die schriftliche Kündigung erhalten haben. Es zählt das Datum auf dem Poststempel.

Die frühzeitige Arbeitsuchendmeldung

Sie müssen sich frühzeitig bei der Bundesagentur für Arbeit (kurz BA) persönlich arbeitsuchend melden (Personalausweis mitnehmen). Wer einen Personalausweis mit Online-Funktion hat, kann die Meldung zur Arbeitssuche Online auf der Webseite der Bundesagentur für Arbeit durchführen.

Spätestens drei Monate bevor Ihr Arbeitsverhältnis endet, müssen Sie sich bei der BA melden. Kommt die Kündigung kurzfristiger, so müssen Sie sich spätestens drei Werktage nach dem Erhalt der Kündigung als arbeitssuchend melden. Eine frühere Meldung ist möglich.

Wer diese Frist versäumt, bekommt eine Sperrzeit von einer Woche. Das heißt, die BA streicht Ihnen für eine Woche das Arbeitslosengeld. Die Pflicht zur frühzeitigen Vorsprache bei der BA gilt sowohl nach einer Kündigung als auch wenn eine befristete Beschäftigung ausläuft. Selbst wenn Sie gegen die Kündigung klagen oder der Arbeitgeber in Aussicht stellt, Ihre befristete Stelle zu verlängern, müssen Sie sich trotzdem melden. Für Auszubildende gilt die Pflicht nur bei einer überbetrieblichen Ausbildung.

Wenn die Drei-Monats-Frist gar nicht eingehalten werden kann, dann müssen Sie sich sogar innerhalb von drei Tagen (nachdem Sie vom Ende der Beschäftigung erfahren haben) arbeitsuchend melden: Etwa wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen mit einer Frist von vier Wochen kündigt. Wer eine Stelle antritt, die auf weniger als drei Monate befristet ist, muss sich ebenfalls innerhalb von drei Werktagen melden.

Anspruch auf Abfindung nach Kündigung prüfen

In jedem Fall ist es ratsam, einen Abfindungsanspruch zu prüfen. Mit diesem Online Abfindungsrechner kann ermittelt werden, ob ein Anrecht auf Abfindung besteht und wie hoch die mögliche Abfindungssumme ist.

Wird ein Aufhebungsvertrag vorgelegt, sollte auch dieser geprüft werden, bevor dieser unterschrieben wird. Ist der Aufhebungsvertrag erst einmal unterschrieben, kann kaum noch nachverhandelt werden.

Die “richtige” Arbeitslosmeldung: Persönlich arbeitslos melden

Arbeitslosengeld bekommen Sie erst ab dem Tag, an dem Sie tatsächlich arbeitslos sind und – ganz wichtig – nachdem Sie sich zusätzlich zur Arbeitsuchendmeldung noch einmal persönlich arbeitslos gemeldet haben (Personalausweis mitnehmen). Wer die Online-Funktion des Personalausweises freigeschaltet hat, kann diesen Schritt auch Online auf der Webseite der Agentur für Arbeit tätigen.

Um kein Geld zu verschenken, müssen Sie sich also spätestens am ersten Tag, an dem Sie arbeitslos sind, auch arbeitslos melden. Empfehlenswert ist aber, sich deutlich früher arbeitslos zu melden, damit der Antrag rechtzeitig bearbeitet werden kann und Sie zügig Ihr Geld bekommen.

Sie können sich frühestens drei Monate bevor Ihr Job tatsächlich endet, arbeitslos melden. Wenn Sie erst spät gekündigt wurden, können Sie die Arbeitsuchendmeldung und die Arbeitslosmeldung in einem Aufwasch erledigen.

Denn dann ist der Zeitraum zwischen dem Tag, an dem Sie vom Ende Ihres Arbeitsverhältnisses erfahren, und dem tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses kürzer als drei Monate. Wenn also für Sie die oben genannte Drei-Tage-Frist für die Arbeitssuchmeldung gilt, können Sie sich gleichzeitig arbeitsuchend und arbeitslos melden.

Quellen
Drittes Sozialgesetzbuch (SGB III)