Hartz IV: Alltag in der ARGE Teil II

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Bereits vor einigen Wochen veröffentlichten wir einen Artikel von Herrn Lincke aus Thüringen, der mit seinem Tatsachenbericht eindrucksvoll den Alltag in den Hartz IV Ämtern beschrieb. Hier folgt nun der zweite Teil:

Fortsetzung von Alltag in der ARGE
Am 14.07.2006 erhielt ich von der ARGE einen neuen Bescheid (Ausstellungsdatum: 11.07.2006), in dem meine neue Heizkostenvorauszahlung korrekt, also mit 18% Abzug wegen Warmwasser, übernommen wurde – ohne Einschränkungen.
Da sich damit meine Klage beim Sozialgericht in der Hauptsache erledigt hatte, habe ich noch am gleichen Tag dem Gericht die veränderte Sachlage schriftlich mitgeteilt und die Klage zurückgezogen, um dem Gericht unnötige Arbeit zu ersparen. Denn da ich bislang von dort keine Mitteilung erhalten hatte, ging ich davon aus, dass das Sozialgericht noch nicht tätig geworden ist. Dies sollte sich jedoch als Falsch erweisen.

Am 19.07.2006 erhielt ich überraschend ein Schreiben vom Sozialgericht Nordhausen mit der Bitte um Stellungnahme, dessen Inhalt mir dann letztlich doch ein Lachen entlockte, denn bislang war ich davon ausgegangen, dass die ARGE in Mühlhausen selbst ihren Irrtum festgestellt und freiwillig korrigiert hatte.

Im Anhang dieses Schreibens war die Stellungnahme der ARGE vom 10.07.2006, in der ein Herr ****** aus der Widerspruchsstelle der ARGE Gotha beantragte, meinen Antrag abzuweisen – wie erwartet.
Ebenfalls beigefügt war eine ARGE-interne Mitteilung gleichen Datums dieses Herrn an die 955 (hier handelt es sich um die Leistungsabteilung in Mühlhausen), in der diese angewiesen wird, meine neue Heizkostenvorauszahlung rückwirkend zum 01.07.2006 zu übernehmen und umgehend einen Bescheid darüber zu erstellen, da seine Prüfung dieses Sachverhaltes ergeben hat, dass meine neue Heizkostenvorauszahlung doch angemessen sei, da sie nach Abzug der Warmwasserpauschale unter einem Euro je Quadratmeter liege und deshalb übernommen werden müsse.

Daraus geht also unmissverständlich hervor, dass erst nach Aufforderung des Sozialgerichtes zur Stellungnahme die Zentrale der ARGE in Gotha diesen Sachverhalt geprüft und anschließend die Leistungsabteilung in Mühlhausen aufgefordert hat, den Fehler zu korrigieren.

Zum besseren Verständnis: die ARGE Unstrut Hainich mit Zweigstellen in Mühlhausen und Bad Langensalza besteht zu 50% aus der Agentur für Arbeit, deren regionale Hauptdienstelle und Rechtsabteilung sich in Gotha befindet.
Bemerkenswert daran ist die Schnelligkeit, mit der daraufhin ein neuer Bescheid erstellt wurde: innerhalb eines Tages! Und damit am selben Tag als das Sozialgericht diese Stellungnahmen der ARGE erhielt.

Bemerkenswert auch die Schnelligkeit, mit der das Sozialgericht tätig geworden ist, dass meinen Eilantrag und dessen Begründung offensichtlich sehr ernst genommen hat. Somit hat sich diese Angelegenheit also positiv erledigt – unter Hilfe des Sozialgerichtes Gotha und Nordhausen. An dieser Stelle vielen Dank an die dortigen Mitarbeiter und Richter.
(Ich hatte im Irrtum über die regionale Zuständigkeit den Antrag an das Sozialgericht Gotha gesandt, welches diesen dann umgehend an das Sozialgericht Nordhausen verwies, jedoch zuvor bereits tätig wurde und von der ARGE eine Stellungnahme forderte.)

Ich hatte ja unter der falschen Annahme, die ARGE hätte sich eines besseren besonnen, bereits meine Klage zurückgezogen, was ich im Ergebnis dieses Schreibens des Sozialgerichtes sowieso auch getan hätte.
Um mich jedoch rechtlich abzusichern, telefonierte ich noch am selben Tag mit der zuständigen Justizhauptsekretärin am Sozialgericht Nordhausen. Die freundliche Dame erklärte mir, dass der Richter aufgrund meiner Mitteilung vom 14.07.2007 das Verfahren bereits eingestellt hätte und meine Stellungnahme auf ihr Schreiben somit unnötig sei.

Wie nicht anders zu erwarten, hat die ARGE meinen Antrag auf Übernahme der Wohnbeschaffungs-, Umzugskosten und Mietkaution bislang nicht beantwortet. Auch die versprochene rechtliche Erklärung, warum ich drei Mietangebote vorlegen muss und wieso die ARGE daraus eine Wohnung für mich auswählen darf, habe ich bislang nicht erhalten. Warum nur? 😉

Im Ergebnis aller Erfahrungen, welche ich mit der ARGE sammeln musste, kann ich nur feststellen, dass sich viele der Mitarbeiter der ARGE ihrer Verantwortung für die Existenzsicherung von ALG2-Empfängern nicht bewusst sind und/oder nicht in der Lage sind, mit der Macht, die ihnen der Gesetzgeber im SGB2 übertragen hat, verantwortungsvoll umzugehen.
Allerdings möchte ich an dieser Stelle meine Anfangs gestellte Forderung nach dem Titel der unfreundlichsten ARGE relativieren und auf die entsprechenden Mitarbeiter beschränken.

Ich hatte zwischenzeitlich ein Gespräch mit meiner Arbeitsberaterin, das sehr höflich, sachlich und verständnisvoll ablief. Auch eine Ortsabwesenheit von einer Woche (erster Familienurlaub nach sieben Jahren!) wurde mir anstandslos genehmigt. Ein Beispiel dafür, dass es auch anders geht.

(Sobald sich die Wohnungsfrage abschließend geklärt hat, werde ich dies noch ergänzen, F. Lincke)

Lesen Sie auch:

Hartz IV: Alltag in der ARGE und Hartz IV: Alltag in der ARGE Teil III

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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