Hartz IV: Halten Sie Wort!

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Hartz4-Plattform appelliert an Sozialpolitiker: "HALTEN SIE IHR WORT"! 9 Monate und der “externe“ Hartz IV-“ Revisor“ gebar ein “praxisorientiertes Gutachten“

Wiesbaden, 14. Juni 2007 – “Eine möglichst gute Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Politik“ empfahl Yves Michels, Projektleiter der Bertelsmann-Stiftung des ersten Jahresberichts über die Umsetzung des Hartz IV-Gesetzes in der gestrigen Sitzung des Sozialausschusses. “Die funktioniert schon jetzt bestens“, so stellt Hartz4-Plattform-Vorsitzende Brigitte Vallenthin fest. “Wo bei diesem Zusammenspiel allerdings die Bürger bleiben, scheint den beiden Playern ziemlich egal zu sein.“

Exemplarisch wurde das im gestrigen einstimmigen Beschluss des Sozialausschusses verdeutlicht, in dem es um die “unendliche Geschichte“ eines per Dringlichkeitsantrag Anfang September 2006 geforderten und vom Parlament im selben Monat so beschlossenen “externen Revisor“ ging. Der sollte nämlich – infolge zahlreicher, rechtwidriger Leistungsverweigerungen und teilweise dramatischer Konsequenzen für die Betroffenen – die Sozialbehörde kontrollieren. Denn “so etwas darf nicht passieren“ erklärte CDU-Sozialausschussmitglied Hans-Achim Michna am 25. September in der Frankfurter Rundschau. Dort heißt es weiter zu seinen Plänen: “Der Hartz IV-Revisor soll für die korrekte Behandlung von Hilfeempfängern sorgen.“ Das war eine Reaktion der Jamaika-Koalition auf 13-tägiges Strom-Abstellen, weil die Behörde zu Unrecht Leistungen verweigert hat; – kein Einzelfall folgenschwerer Rechtsbrüche in der Wiesbadener Behörde. In den folgenden Monaten mutierte der “externe Revisor“ per Sozialausschuss-Beschluss zum “Berater“, was ein Ausschussmitglied damit begründete, “damit wir es Sozialdezernent Hessenauer nicht so schwer machen.“ Nach gemeinsamer Beratung in der Sozialbehörde gebar – nach 9-monatigem Aus(tragen)sitzen – mit gestrigem Sozialausschuss-Beschluss der “externe Revisor“ ein “praxisorientiertes Gutachten“ durch den Magistrat in Auftrag zu geben. Darin ist von dem eigentlichen Skandal und den zahlreichen schikanösen Behandlungen von Hartz IV-Antragstellern in Wiesbadens Sozialamt nicht mehr die Rede. Es geht vor allem um die Umsetzung der Leistungs- und Eingliederungsprozesse und lediglich in einem von sechs Aufträgen um “Beschwerdemanagement“. “Wir erwarten nicht mehr als schon in der Bertelsmann-Analyse und in deren Fortsetzungs-Statistiken vom Deutschen Landkreistag ermittelt wird – lediglich mit einer Verstärkung auf dem “Wir sind prima“- Argument. Das Geld sollte die Stadt sich sparen und lieber den Familien zugute kommen lassen, die schmerzhaft unter Hartz IV leiden“, so Vallenthin.

Angesichts der – auch von der Bertelsmann-Stiftung zugestandenen gesellschaftlichen Brisanz des Themas – ist nach Ansicht der Hartz4-Plattform-Sprecherin “die externe Kontrolle der Wiesbadener Behörde weiterhin von höchster Dringlichkeit und nicht ein Gutachten, das lediglich von den wahren Problemen ablenkt.“ Die Arbeitslosen-Initiative hält nicht nur auf Grund sich mehrender Beschwerden von Betroffenen sondern auch der anwachsenden Zahl von Sozialgerichtsprozessen an der begründeten Revisor-Forderung fest. Sie fühlt sich auch vom Ergebnis der unabhängigen Bertelsmann-Stiftungs-Analyse bestätigt, wo der Stadt Wiesbaden eine überdurchschnittlich niedrige Eingliederungsquote und zugleich mit 2,63% ein überdurchschnittlich hoher “Gebrauch von Sanktionen“ bescheinigt wird, der im Durchschnitt der Vergleichsgruppe bei nur 1,6% liegt.

Die Hartz4-Plattform kritisiert deshalb am gestrigen Beschluss des Sozialausschusses:
1. dass ein Gutachten mit dem Ziel einer Analyse der verwaltungsinternen Leistungsprozesse weder Missstände noch Fehler gegenüber Antragstellern bei der Umsetzung der Sozialgesetzgebung feststellen kann,
2. dass eine im Sozialamt überhaupt nicht vorhandene Anlaufstelle für Betroffene auch keine Beschwerden feststellen kann und
3. dass nach dem erneuten parlamentarischen Weg über Magistrat und neuerliche Entscheidungsfindung über die Person des Gutachers im Ausschuss, die Bürger und Skandale in den Behörden von den Politikern gar nicht ernst genommen sondern abermals lediglich auf die lange Bank geschoben werden.

“Wir fordern den Sozialausschuss im Namen tausender von Betroffenen auf“, so Brigitte Vallenthin, “setzen Sie den Parlamentsbeschluss entsprechend Dringlichkeitsantrag vom 6. September 2006 im Sozialausschuss tatsächlich um – und bitten alle Sozialparlamentarier, ihre Verantwortung ernst zu nehmen und im übertragenen Sinne von Herbert Grönemeyers Appell an Angela Merkel in Heiligendamm: HALTEN SIE IHR WORT!“ (Hartz 4 Plattform, 14.06.07)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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