Auswirkungen der Hartz IV Gesetze

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Ein Leserbrief

Unzulänglichkeit unserer Politiker und Auswirkungen der HARTZ IV-Gesetze
Ein Erfahrungsbericht über Hartz IV

Wo fängt es an, wo hört es auf? Diese Frage stellte ich mir am Beginn der Schreibarbeiten an diesem Artikel. Ja, wo hat es angefangen? Lesen sollten Interessierte diese Zeilen auf jeden Fall. Also, auf die Festplatte kopieren und Zeit nehmen beim Lesen und Nachdenken.

Die DDR Vergangenheit! Ich habe diese Zeit anders erlebt als viele offizielle Zeitzeugen, die immer schön das Maul hielten und Promovierten. Die heute so schrecklich unter der Diktatur gelitten haben wollen und dennoch bestens angepasst waren. Bei dem, was uns im hier und heute abverlangt wird, wäre die DDR die bessere Alternative.

Wo sind die „Freiheitskämpferinnen und –Kämpfer“, die so furchtbar gelitten haben wollen? Und, war es DAS, was man 40 Jahre so entbehrt hatte? DAS etwa 10 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung der ach so reichen Bundesrepublik im „sozialen Netz“ von HARTZ IV grundgesichert sind und dennoch keine Arbeit haben? Für Verantwortliche mit guter Bestallung und Nostalgiker ist die Situation, in der nicht nur 4 Millionen Deutsche Bürger leben müssen einfach nicht nachvollziehbar. Polemik? Nein! Realität!

Ich habe 30 Jahre durchgearbeitet. Mit 16 in die Lehre. Armee, Betriebspraktikum, Studium. Verschiedene Anstellungen und dann die Wende. Gründung einer GmbH, dann Krankenversicherungsberater bei namhaften Krankenversicherern im scheinselbständigen HGB84-Verhältnis. Gesundheitsreformen ohne Ende und ein ruinierter Versicherungsmarkt im Osten.

Altersvorsorge bis 1989 in der SVK (Sozialversicherung). Dann, zur Privaten Altersvorsorge geraten. Norbert Blühm hob immer wieder die persönliche Verantwortung des Einzelnen hervor. Andere auch! Die Schröderregierung in der 1. Amtszeit verlangt lediglich, so wurde ich beraten, dass die Höchstsätze der Gesetzlichen Rentenversicherung auch für die Private Absicherung und der Verweis, dass man auch andere Firmen vertrete, außer die, mit der man einen Ausschließlichkeitsvertrag hatte, ausreiche, um weiterhin nicht versicherungspflichtig zu werden. Genau so war das! Dazu kann man die Verzinsung der Beiträge betrachten, die ebenfalls deutliche Argumente für die Richtigkeit der Entscheidung lieferten.

Eine Reform löste die Andere ab und als man den Begriff "Reform" ausreichend mißbraucht hatte wurde er vom Begriff "Agenda Nummer XXL" abgelöst. Übrig bleibt ein Trümmerfeld an Gesetzesänderungen, mit denen man die Sozialsysteme kosmetisch bearbeitete und den Schaden verdeckte und vergrößerte. Die Industrie zog den Gürtel enger, um Schröder zu stürzen und machten „Die Chefsache“ des Kanzlers mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung platt. Der Kanzler bedankte sich mit Mrd.-Steuergeschenken, lief blau an und verabschiedete sich in der bekannten Art und Weise. Das Lachen beim BDI und anderen Unternehmerverbänden war weit hin zu hören und auch gegenwärtig können die Manager von einst, auf diesen Coup hin angesprochen, ein breites Grinsen nicht verbergen.

Die Kanzlerin, als frühere Agitatorin und Propagandistin der FDJ-Kreisleitung der TH in Ilmenau, so hört man verschiedentlich, an Jubelreden und den daran gebundenen Hoffnungen gewöhnt, versucht den Aufschwung durch Beredsamkeitszauber zu erzeugen. Sie bemerkt es nicht, dass der Aufschwung nur bei den Konzernspitzen registriert wird. Klar haben die Personalmanager die Zurückhaltung gelockert und zeigen damit ihr Wohlwollen der CDU-Führerin gegenüber. Doch eine Schwalbe macht noch immer keinen Frühling.

Einst wurde ich in guten Zeiten als „Newcomer des Jahres“, als „Topverkäufer“ und „Professional“ gefeiert und dann bei schlechter Lage mit den Betriebsausgaben allein gelassen, Ich kämpfte um jeden Kunden und jeden Vertrag. Bis… Bis zum Umfallen in des Wortes wahrer Bedeutung. Doch kein Arzt war bereit zu diagnostizieren, der Patient ist ausgelaugt. Über Umwegen wurden mir ein paar Wochen Verschnaufpause gegeben, aber keine therapeutische Hilfe auf die eigentlichen Symptome. Das war 2004, das Jahr indem viel von HARTZ IV geredet wurde. Als ich im Arbeitsamt bzw. ARGE vorsprach, sagte man mir, ich müsse, bevor ich Anspruch auf Sozialleistungen für mich, meine Kinder und meine Lebensgefährtin habe, meine Private Altersvorsorge aufbrauchen. Wohlgemerkt, ich habe darauf hingewiesen, dass es meine ganze Altersvorsorge ist und es doch nicht richtig sein kann, diese zu vernichten. Ein deprimierender Zustand, der krank macht.

Doch was sollte ich machen, denn Antragsformulare erhielt ich nicht. Ich wurde also vom Staat enteignet und Altersarmut ist somit von staatswegen vorprogrammiert. Da glaubt man gern, dass die CDU-Elite weniger Staat verlangt. Aus dieser Verantwortung seinen Bürgern gegenüber kann und darf man diesen Staat jedoch nicht entlassen.

Seit Juli 2005 bin ich nun im ALG2-Bezug. Nicht eine weiterführende Beantragung ist reibungsfrei verlaufen.
Zwischenschritte erspare ich dem Leser. Im Sommer gründete mein Neffe, 19 Jahre alt, mit frischem ABI in der Tasche, mit guter Geschäftsidee und meiner uneigennützigen Beratungszusage eine eigene Firma. Er selbst bekam Absagen von den Universitäten bei denen er sich beworben hatte und wollte die Zeit sinnvoll und für mich hilfreich nutzen. Also 2 Arbeitslose pumpen sich im Familienkreis Geld und gründen eine Limited. So blöd! Wieso blöd? 25000€ für eine GmbH sind nicht zusammengekommen, die Haftungsbeschränkungen einer Kapitalgesellschaft sollten im Falle eines Mißerfolges den Geschäftsführer vor übermäßigen Forderungen bewahren.

Gegründet aber wurde die Firma im September 2006, um erfolgreich zu werden und Gewinn zu erwirtschaften. Der Notartermin folgte und dann begann das lange Warten. Nach einigen Überredungskünsten und persönlichen Vorsprachen wurde die Firma nach Wochen, im Oktober im zuständigen Amtsgericht Leipzig registriert. Die nun folgende Suche nach einem geeigneten Büro, aber auch nach Mitstreitern im Arbeitsamt verlief langwierig und zäh. Mitarbeiter am Telefon auszubilden und erfolgreich arbeiten zu lassen dauerte mehr als 4 Wochen. Ohne Einnahmen kein Einkommen, ein bestimmter kalkulierter Anteil des Kapitals floß in Miete, Telefongebühren, Reisekosten und Entlohnung der Mitarbeiter. Meine Schulungs- und Beratungsleistungen stellte ich kostenlos zur Verfügung. Daher beantragte ich vorsorglich im Monat Oktober die Weiterführung des ALG2-Bezuges, um die Grundabsicherung im Zweifelsfall aufrechterhalten zu können.

Doch einen Bescheid erhielt ich bis Mitte Dezember nicht. Erst nachdem ich einen bitterbösen Brief an die Bundesagentur in Nürnberg geschrieben hatte und diesen Brief auch den Damen und Herren Abgeordneten des Bundestages und des Sächsischen Landtages zur Kenntnis gegeben und um Hilfe gebeten hatte, bekam ich nach zweieinhalb Monaten Beantragungszeit ALG2 und später den Bescheid. Ich hatte in jener Zeit den Eindruck sehr genau unter der Lupe zu stehen. Was macht DER da? Der Neffe Geschäftsführer, der Firmensitz am Wohnsitz des Leistungsbeziehers… ?

Geredet hat keiner mit mir über diese Initiative. Alle im Parlament vertretenen Parteien brachten ihre Anteilnahme in der einen oder anderen Form zum Ausdruck. Der dadurch entstandene öffentliche Druck zeigte Wirkung. Man sollte glauben seither läuft der Laden wie geschmiert. Eine Arbeitsstelle bei einem Bildungsträger, einer Tochtergesellschaft der Leipziger Handelskammer kommt ins Gespräch. Man will mir tatsächlich helfen. Dumm nur, dass ich im Bewerbungsgespräch wahrheitsgetreu berichte von 1988 – 1989 im MfS-Referat Volkswirtschaft in der KD Bitterfeld gearbeitet zu haben. Wohlgemerkt 17 Jahre nach dem Mauerfall und ohne Anklage bzw. Verurteilung endet dann, mit dem Verweis auf die Personalrichtlinien zügig das Gespräch. Ausgrenzung vom Feinsten! Was für eine Demokratie? Wo finde ich den/die Gleichstellungsbeauftragten?

Ein Gespräch mit dem ARGE-Geschäftsführer lässt im Innenleben der ARGE auf Besserung hoffen. Allerdings gehört dazu Umdenken. ARGE-Gelder am Jahresende ungenutzt zurück geben, dass muss bestraft werden! Schluss also mit dieser Praxis. Nein, richtig ist: Die Gelder nutzen, um Initiativen wie unsere OPITEX Ltd. Oder Selbsthilfe e.G.zu Unterstützen, um Selbsthilfe tragfähig zu machen.

Neues Unheil kam vom Finanzamt Delitzsch-Eilenburg. Als die ersten Verträge in Aussicht waren und die Kundengewinnung erfolgreich anlief war das Gewerbe in der ersten Januarwoche ordentlich im Gewerbeamt Delitzsch angemeldet worden. Wenige Tage danach, so war es immer, sendet dann das FA die Steuernummer und einige Infos für die Steuertermine etc. Weit gefehlt! Die Kunden zeigten Kaufbereitschaft, nur konnte die Firma keine Rechnungen schreiben, weil keine Steuernummer vergeben wurde. Auf mehrfache freundliche Nachfragen hin wurde vertröstet, dass sich die Balken bogen. Delitzsch-Eilenburg sei nicht zuständig, sondern Dresden. Der Geschäftsführer wohnt ja in Dresden. Warum hat er dann den Firmensitz in Delitzsch festgelegt, notariell beglaubigt im Handelsregister eingetragen und diesen seinen Willen auch beim Anmelden im Gewerbeamt wiederholt? Hin und her, her und hin. Die Kunden verloren das Vertrauen und nahmen Abstand. Ein echter, richtiger Verlust und Rückschlag. Die Kosten laufen natürlich weiter. Meine Bitte um Unterstützung für 4 Wochen durch die ARGE wird in Aussicht gestellt. Mehr als zwei Monate geht der nervende Kampf um die Steuernummer. Wie gesagt, ohne Steuernummer keine Rechnungen. Ohne Rechnungen keine Einnahmen. Ohne Einnahmen keine Entlohnung. Ich bitte um Verlängerung der Maßnahme und muss Wochen um Wochen warten. Die Familie springt mit weiteren Krediten ein, um Fahrt-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten bezahlen zu können. Infos werden wieder und wieder verschickt, an Abgeordnete und den Finanzminister, an Dienstaufsichtsbehörden und wem auch noch.

Am 1.5.2007 gibt der Geschäftsführer bekannt die Firma beenden zu wollen. Mein Engagement beim Ringen um die in Aussicht gestellten 12-13 Wochen geförderten Betriebspraktikums bleibt bis zum 5.Mai ohne Überweisung bzw. Bewilligungen. Meine Frage lautet: Schlamperei oder Böswilligkeit, was ist die Ursache für soviel Kundenfeindlichkeit? Es geht also um März und April 2007, einiges mehr hat mich ganz persönlich diese Praktika gekostet. Ausgepowert und von Ämtern und Institutionen behindert bis zum Niedergang, so wurde eine Initiative mit Erfolgsaussicht verhindert. Als ob es soviel Arbeitsplätze gibt, dass man so wenig Service oder Support, sagt man jetzt dazu, leisten muss. Offenkundig ist bei der ARGE ein komplett entgegengesetztes Verständnis zu finden, wenn es um den Begriff Service gegenüber ihren Kunden geht. Würde den Mitarbeitern der ARGEn ein solcher Service von ihren Dienstherren bei der Gehaltszahlung angeboten, stünden diese geschundene Spezies schon lange im Streik. Eines ist sicher, HARTZ IV ist als Sackgasse konstruiert. Hilfe kommt nicht von OBEN!

Wir, die Betroffenen, müssen uns zum einen Vernetzen und öffentlichkeitswirksame Aktionen organisieren und durchführen. Der Grad der Organisation der Geschädigten muss parteienübergreifen erhöht werden. Und Initiativen zur genossenschaftlichen Arbeitsbeschaffungsmassnahme mit späterem Fortbestand muss in den Fordergrund rücken.

Lasst es uns machen, die Benachteiligten dieser Gesellschaft aus der Resignation zu führen. Lasst uns die Einteilung der Gesellschaft, die bewußt geschürte Trennung der Benachteiligten überwinden und gemeinsam für unsere Interessen eintreten. (14.05.07)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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