Gesundheitsreform mausert sich zum Jobmotor

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Hartz IV & Gesundheitsreform

Gesundheitsreform mausert sich zum Jobmotor. Neue, alte Berufe boomen und verzeichnen Rekordumsätze

Von Isolde Kungel Kleister

Es brummt überall in Deutschland. Der Aufschwung taumelt im Höhenflug und die Reformen schlagen wie wild um sich. Hartz IV im Gleichklang mit der Gesundheitsreform schafft Jobs wohin man schaut. Gerade in den so genannten strukturschwachen Regionen, also die Ecken unserer Republik an denen sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, sprießen die neuen, alten Gesundheitsberufe wie Pilze aus dem Boden. Überall im Land ist Gesundheit und Wohlbefinden wieder bezahlbar.

Franzl K. aus Niederbayern, Langzeitarbeitsloser und Hartz IV-geschädigter Bauschlosser hat sein Leben in die eigenen Hände genommen. Das Schlafzimmer wurde zum Wartezimmer für seine Patienten. In der Küche heilt und kuriert er ohne Praxisgebühr. 10 bis 20 EURO verlangt er fürs Handauflegen. Fürs Gesundbeten wird ein kleiner Zuschlag fällig, die Patienten stehen Schlange und warten geduldig bis sie ins Wartezimmer vorgelassen werden. Stolz erzählt Franzl K., sein Sparkassendirektor grüße ihn seit einigen Wochen wieder und hat ihm sogar einen Kredit für den Ausbau seiner Praxis angeboten.

Resy, Franzls Frau geht täglich in den Wald und besorgt Kräuter für Tees und allerlei Tinkturen für den täglichen Dienst am Patienten. Sie bietet auch bundesweit Fernkurse für künftige Kräuterweiblein an. Einige einheimische Pilze bezeichnet sie als besonders verdauungsfördernd und aktive Helfer bei Verstopfung und Kreislaufstörungen. Resy erzählt weiter: Neulich ist sogar meine ehemalige Fallmanagerin von der Arge vorbeigekommen, nicht um sich danach zu erkundigen, wie es mir geht, sie litt an einer besonders schlimmen Art der Arroganz und mein Franzl hat ihr solange die Hand aufgelegt bis der Dämon aus ihr ausgefahren ist.

Brummen tut die Konjunktur in Sachen Volksgesundheit allerdings nicht nur in strukturschwachen Regionen. Mitten in Berlin, an der Fassade eines Plattenbaus prangt ein Bronzeschild: "Nadine L.- Engelmacherin – Sprechstunden nach Vereinbarung" Nadine L. hatte einen Teilzeitjob als Friseuse. Um ihre Miete zahlen zu können ging Nadine zwei bis dreimal pro Woche in einem nahe gelegenen Etablissement anschaffen. Dort erfuhr sie von einer osteuropäischen Kollegin einiges über den Beruf der Engelmacherin und beschloss sich selbständig zu machen. Die Erstausstattung für ihre Praxis besorgte sich Nadine aus dem Baumarkt. Nadine hat geschickte Hände, ihre Patientinnen schicken ihr waschkorbweise Dankesbriefe. Die Frage,woher ihre Kundschaft denn käme beantwortet sie leise und unter dem Siegel der Verschwiegenheit: "Nun ja die meisten kommen aus besonders katholischen Gegenden Osteuropas aber auch aus allen Gesellschaftssichten hierzulande. Berlin ist eben in jeder Hinsicht eine Reise wert", meint sie etwas verschmitzt.

Hannover, hier war Thomas K, seit 12 Jahren ohne Job. Jetzt brilliert er in der Fußgängerzone als Amulettverkäufer und Warzenbesprecher. Zweimal am Tag holt eine Geldtransportfirma die Einnahmen ab. Man sieht, Thomas K. hat es zu etwas gebracht, jedenfalls soll er bereits ein stattliches Konto in der Schweiz besitzen. Spätestens in zwei Jahren will er in einen Hamburger Villenvorort umsiedeln, um sich in bester Lage als Wunderheiler niederzulassen. Seine Amulette, die er von einem bekannten Voodoo- Arzt jenseits des großen Teichs beziehe, bezeichnet er als hochgradig wirksam. Ein bekannter Politprommi aus Hannover sei sogar Stammkunde bei ihm und habe bis heute noch kein einziges graues Haar, jedenfalls nicht auf dem Kopf, so behauptet Thomas K. stolz.

Gesundheit ist wieder bezahlbar. Um dies zu garantieren ist gerade die "Mc.Spirit" Geistheilerkette dabei, in 52 Städten Lizenzen für Geistheiler und Schamanen unter die Leute zu bringen. "Mc.Spirit" ist auf Langzeitarbeitslose spezialisiert und bildet diese mit Geldern der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in eintägigen Crashkursen zu diplomierten Quacksalbern aus. Ab Herbst will "Mc.Spirit" sogar Kaffeefahrten zu den konzerneigenen Gesundheitszentren veranstalten. Einige Krankenkassen beabsichtigen die geplanten Gesundheits-Kaffeefahrten sogar zu Bezuschussen. (Au, den 26. April 2007)

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