Immer weniger Arbeitnehmer melden sich krank

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Krankenstand in Betrieben sinkt weiter

Immer mehr Menschen haben Angst ihren Arbeitsplatz zu verlieren und melden sich deshalb nicht mehr krank. Das Wissenschaftlichen Instituts der AOK legte nun eine Studie vor, aus der hervor geht, dass Krankheitsstand in den letzten Jahren rapide sinkt.

Bonn. Die Krankenstände in der deutschen Wirtschaft sinken nach Untersuchungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) weiterhin. Bei den rund 9 Millionen erwerbstätigen AOK-Mitgliedern ging der Krankenstand von 4,4 % auf 4,2 % im Jahr 2006 zurück. Die Fehlzeiten der Arbeitnehmer sinken somit kontinuierlich und haben den niedrigsten Wert seit mehr als zehn Jahren erreicht.

Die AOK-Mitglieder waren durchschnittlich 15,4 Kalendertage krank geschrieben. Im Jahr zuvor lag die Dauer einer Krankmeldung noch bei 16,0 Tagen. In Ostdeutschland fiel der Krankenstand mit 4,0 % noch niedriger aus als im Westen (4,3 %). Der Anteil der Beschäftigten, die das ganze Jahr überhaupt nicht krank geschrieben waren, hat weiter zugenommen. Er stieg von 48,5 % im Vorjahr auf 50,7 % im Jahr 2006. Die niedrigen Krankenstände sind nach Einschätzung des WIdO auf Veränderungen in der Beschäftigtenstruktur, eine verbesserte Gesundheitsvorsorge in den Betrieben und medizinische Fortschritte zurückzuführen. Umfragen zeigen jedoch auch, dass sich viele Arbeitnehmer mit Krankmeldungen zurückhalten, um ihren Arbeitsplatz nicht zu gefährden.

Zwischen den einzelnen Branchen differieren die krankheitsbedingten Fehlzeiten deutlich: Die niedrigsten Ausfallzeiten liegen mit 2,7 % im Kreditgewerbe und bei der Datenverarbeitung mit 2,2 %. Dahingegen werden die höchsten Ausfallzeiten mit 6,1 % in der Abfall- und Abwasserbeseitigung sowie in der Metallerzeugung und -bearbeitung, Tabakverarbeitung und in der Recyclingbranche (jeweils 5,2 %) erreicht. Dies bedeutet, dass Beschäftigte in der Entsorgungsbranche von den 365 Tagen in 2006 im Durchschnitt knapp 22 Tage vom Arzt krank geschrieben wurden, im Gegensatz zu denen in der Datenverarbeitung mit rund 8 Tagen. Wie auch bereits im vergangenen Jahr waren die meisten Ausfalltage auf Muskel- und Skeletterkrankungen (24,4 %), Verletzungen (13,6 %), Atemwegs- (11,7 %) und psychische Erkrankungen (7,9 %) zurückzuführen.

Männer sind länger krank, Frauen dafür häufiger
Rund 41 % der bei der AOK versicherten Beschäftigten sind weiblich und 59 % sind männliche Arbeitnehmer. Frauen und Männer zeigen ein unterschiedliches Fehlzeitverhalten. Der Krankenstand der Frauen lag mit 4,1 % im Jahr 2006 geringfügig unter dem der Männer von 4,3 %. Bei den Frauen war die durchschnittliche Krankheitsdauer mit 15,0 Tagen kürzer als bei den Männern (15,7 Tage). Im Gegensatz dazu war im Jahr 2006 der Anteil derer, die mindestes einmal im Kalenderjahr krank geschrieben wurden bei den weiblichen AOK-Mitgliedern höher (50,1 %) als bei den männlichen (48,8 %). Gründe dafür, dass Frauen häufiger und Männer länger krank sind, könnten – so das WIdO – darin liegen, dass sich Männer und Frauen hinsichtlich ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen, ihrer Krankheiten und gesundheitlichen Risiken, ihres Umgangs mit gesundheitlichen Belastungen und der Inanspruchnahme von Vorsorge- und Versorgungsleistungen unterscheiden.

Im Geschlechtervergleich verzeichneten die Männer im Jahr 2006 bezüglich der Ausfalltage höhere Anteile in den Erkrankungen des Muskel-Skelett-Apparates (25,6 %, Frauen 22,7 %), den Verletzungen (16,7 %, Frauen 9,2 %) und den Herzkreislauferkrankungen (7,9 %, Frauen 6,0 %). Die beschäftigten Frauen dagegen leiden häufiger unter Atemwegs- (12,5 %, Männer 11,1 %) und psychischen Erkrankungen (10,4 %, Männer 6,2 %) als ihre männlichen Kollegen. Weitere Analysen und Statistiken zur Krankenstandsentwicklung, insbesondere auch zu den einzelnen Wirtschaftszweigen, bietet der Fehlzeiten-Report 2007, der im November 2007 erscheinen wird.

Längerfristig bedeutet "Krank arbeiten" weniger Produktivität für den Arbeitgeber. Doch der Druck auf die Arbeitgeber steigt
Zunächst wird es Arbeitgeber freuen, wenn "ihre" Angestellten weniger krank sind. Arbeitnehmer, die nach einer Krankheit wieder in den Betrieb zurückkommen werden oft vom Chef zu einem Rückkehrgespräch nach der Krankheit gerufen. Viele Vorgesetzte reagieren meist verständnislos und sind stark verunsichert, wenn "ihr" Mitarbeiter krank war. Vielerorts wird sogar Druck auf die Arbeitnehmer ausgeübt, wenn die Krankheitsrate angestiegen ist. Aufstiegsmöglichkeiten werden revidiert, wenn der Krankheitsstand "zu hoch" ist. In Göttingen hat sogar eine Bäckerei-Kette ihren Angestellten 30 Prozent weniger Lohn ausgezahlt, da die Bäckerei-Angestellten "zu oft krank" seien.

Nach einer Studie der US-Amerikanischen "Cornell" Universität, ist der Produktivitätsverlust durch Arbeitnehmer 3 x so hoch, als der Mitarbeiter, der krankheitsbedingt zu Hause bleibt. Laut Studien sind daran vorallem die Langzeitfolgen schuld. Denn wer trotz Krankheit zur Arbeit geht, leidet evtl. nachfolgend an Depression, Husten, Kopfschmerzen und der nicht auskurierten Krankheit. (sm, AOK 26.04.07)

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