ALG II: Durchbruch am Arbeitsmarkt?

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Ein Euro Jobber und "58- Regelung" raus aus der Statistik. Realität auf dem Arbeitsmarkt
Die große Koalition hat die Oktober- Arbeitsmarktdaten "heftig abgefeiert". Arbeitsminister Müntefering etwa sprach von einem "wichtigen Etappensieg". "Auch notorische Nörgler und Miesmacher können es nicht mehr ignorieren: Der Durchbrauch am Arbeitsmarkt ist da" so Müntefering. Unbestritten: Aktuell verbessert sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich. Und: Der Rückgang der registrierten Arbeitslosen ist positiv zu werten – soweit es sich nicht nur um Ausgrenzung aus dem Leistungsbezug
und der Statistik handelt. Die (geringfügige) Zunahme der sozialversicherungspflichtigen Arbeit ist positiv – soweit es sich denn um sozial geschützte Beschäftigung handelt von der man auch gut leben kann.

Die Oktober/November Zahlen dürfen aber nicht überinterpretiert werden. Grund zum Jubeln besteht keineswegs. Aufschlussreich ist ein längerfristiger Vergleich: Die registrierte Arbeitslosigkeit liegt heute höher als im Herbst 2002, als die "Hartz 4-Kommission" ihre Empfehlungen abgab, alle Welt die Misere am Arbeitsmarkt beklagte und uns eine Halbierung der Arbeitslosenzahlen versprochen
wurde. Rund 1 Million sozialversicherungspflichtige Jobs sind seit damals vernichtet worden.

Generell gilt: Wirtschaftswachstum und Beschäftigung entwickeln sich in "Aufs und Abs", in Konjunkturzyklen. Es macht wenig Sinn, konjunkturelle Höhepunkte (wie den aktuellen des auslaufenden Konjunkturzyklus) mit konjunkturellen Tiefpunkten zu vergleichen. Verglichen werden sollten vielmehr "Boomphasen" mit "Boomphasen" sowie Flauten mit Flauten oder eben der gesamte Wirtschaftszyklus.

Und dann zeigt sich: Der letzte Zyklus (seit 2001) hat das schwächste Wirtschaftswachstum und die schlechteste Arbeitmarkbilanz der
Nachkriegsgeschichte! Bekanntlich sagt die offizielle Arbeitslosenstatistik auch nur die halbe Wahrheit über das tatsächliche Ausmaß der Arbeitslosigkeit.

So tauchen beispielsweise die zurzeit rund 280.000 1-Euro-Jobber genauso wenig in der Statistik auf wie die Erwerbslosen mit "58er-Regelung". Diese und andere Effekte "beschönigen" die Statistik. Aber: Diese Effekte wirken schon länger und können somit – etwa in einem Vorjahresvergleich – den aktuellen positiven Trend nicht erklären. Sehr wohl wirkt aber die Kürzung der Bezugsdauer
beim ALG I als statistischer Sondereffekt. Darauf hat auch das IAB, das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit hingewiesen.

Das IAB stellt fest, dass "ein Teil der Empfänger von Arbeitslosengeld I (ALG I) seine Meldung nicht mehr erneuert, wenn dieser Anspruch erschöpft ist und wegen mangelnder Bedürftigkeit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II besteht." Insgesamt kommt das IAB zu einem ernüchternden Fazit: "… wird sich am Ausmaß der gesamten Unterbeschäftigung im Jahr 2006 nur wenig ändern. Zwar
nimmt die Zahl der Arbeitslosen kräftig ab, aber die gesamte Unterbeschäftigung – einschließlich der Stillen Reserve – ist 2006 mit rd. 6,20 Millionen Personen nur wenig geringer wie im Vorjahr (6,33 Millionen Personen)." (IAB Kurzbericht 12/ 2006, S. 4) "Trendwende" oder "Durchbruch" am Arbeitsmarkt sehen anders aus! A-Info, 3.12.06

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