Mehrbedarf bei ALG II im SGB II

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Für wen gibt es Hartz IV Mehrbedarfe?

Für Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II, Hartz IV) kann es in bestimmten Lebenssituationen einen Anspruchauf einen oder mehrere Mehrbedarfe geben (§ 21 SGB II). Dazu zählen Schwangerschaft, Alleinerziehung, Behinderung oder eine chronische Krankheit, die eine kostenaufwändige Ernährung erfordert. Zudem kann ein Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasserbereitung gewährt werden. Einen Sonderfall stellt die Härtefallregelung für sonstige regelmäßige unabweisbare Mehrbedarfe gemäß § 21 Abs. 6 SGB II dar. Die Hartz IV-Mehrbedarfe sind nicht von der Regelleistung umfasst und werden deshalb zusätzlich in Form eines festgelegten Prozentsatzes vom maßgebenden Regelsatz gezahlt. Eine Ausnahme bildet dabei jedoch die „Härtefallregelung“, deren Höhe sich am tatsächlichen Bedarf orientiert. Grundsätzlich können mehrere Mehrbedarfe gleichzeitig bezogen werden, sofern die Gesamthöhe nicht die Höhe des maßgebenden Regelbedarfs übersteigt (Ausnahme Härtefallregelung).

Hartz IV Mehrbedarf für Schwangere

Hartz IV Mehrbedarf für Schwangere
Für werdende Mütter besteht ab der 13. Woche bis zum tatsächlichen Geburtstermin ein Anspruch auf einen Mehrbedarf bei Schwangerschaft in Höhe von 17 Prozent der maßgebenden Regelleistung. Für eine alleinlebende Schwangere mit einem Regelbedarf von monatlich 399 Euro, beträgt der Mehrbedarf demnach 67,83 Euro pro Monat. Volljährige Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft erhalten während der Schwangerschaft 17 Prozent der 90-prozentigen Regelleistung (61,20 Euro) und sonstige erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft des 80-prozentigen Regelsatzes (54,26 Euro). Das Jobcenter kann ein ärztliches Attest oder eine Bescheinigung von der Hebamme über die Schwangerschaft verlangen.

Hartz IV Mehrbedarf für Alleinerziehende

Eltern haben Anspruch auf einen Mehrbedarf in Höhe von mindestens zwölf und maximal 60 Prozent des maßgeblichen Regelsatzes, sofern sie sich alleine um die Pflege und Erziehung ihres minderjährigen Kindes / ihrer minderjährigen Kinder kümmern. Die Höhe des Mehrbedarfs hängt dabei vom Alter und der Anzahl der Kinder ab (siehe Tabelle):

Erwerbsfähige Menschen mit Behinderung

Erwerbsfähige Menschen mit einer Behinderung, die eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX absolvieren, Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 bis 3 SGB XII oder sonstige Hilfen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt beziehen, haben Anspruch auf einen Mehrbedarf von 35 Prozent des maßgeblichen Regelsatzes.

Als Nachweis dient ein aktueller Bewilligungsbescheid des Rehabilitationsträgers. Es müssen tatsächlich Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden. Es reicht nicht aus, wenn behinderte Menschen lediglich grundsätzlich die Voraussetzungen erfüllen. Die Leistungen dürfen sich nicht lediglich auf Beratung und Vermittlung nach § 33 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX beschränken.

Ausnahme: Beziehern von Sozialgeld nach § 28 Abs. 1 SGB II kann der Mehrbedarf auch für eine schulische Ausbildung oder eine Ausbildung an einer Hochschule gewährt werden, sofern die Bezieher Eingliederungshilfe nach § 54 Abs.1 und 2 SGB XII erhalten.

Der Mehrbedarf kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, bis zur einer Dauer von drei Monaten gezahlt werden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann der Mehrbedarf auch rückwirkend erbracht werden.

Nicht erwerbsfähige Behinderte

Für behinderte Menschen, die nicht mindestens 3 Stunden täglich erwerbsfähig sind und Erwerbsminderungsrente erhalten, ist § 30 (1) SGB XII maßgebend. Danach wird für Personen, die

1. das 65. Lebensjahr vollendet haben oder
2. unter 65 Jahren und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind,

und einen Schwerbehindertenausweis nach § 69 Abs. 5 des Neunten Buches mit dem Merkzeichen „G“ besitzen, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des maßgebenden Regelsatzes anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Das entspricht bei einem maßgebenden Regelsatz in Höhe von 399 Euro einen Mehrbedarf-Anspruch von 67,83 Euro.

Hat der Antragsteller von Hilfeleistungen nach SGB II einen nicht erwerbsfähigen, rentenberechtigten Partner, so kann dieser einen Mehrbedarf in Höhe des pauschalen Mehrbedarfes von 17 Prozent der Regelleistung geltend machen, wenn er im Besitz eines Behindertenausweises mit dem Merkzeichen „G“ ist.

Behinderte, die einen Behindertenausweis mit den Merkzeichen „G” oder „aG” besitzen, können zudem einen Mehrbedarf von bis zu 15 m2Wohnraum geltend machen. Das gilt beispielsweise für Rollstuhlfahrer oder Benutzer eines Rollators, aber auch stark Sehbehinderte und Blinde.

Kostenaufwendige Ernährung

Auch chronisch kranke Menschen, die aus medizinischen Gründen eine kostenaufwändige Ernährung benötigen, haben Anspruch auf einen Mehrbedarf.

Leidet der Leistungsbezieher an mehreren Krankheiten, die einen Anspruch auf einen Mehrbedarf ergeben, so werden die Mehrbedarfe addiert. Auch rückwirkend können Ansprüche geltend gemacht werden, sofern der Arzt bestätigt, dass die entsprechende Krankheit schon länger besteht. In jedem Fall muss der Hausarzt ein entsprechendes Formular ausfüllen.

Ein krankheitsbedingter Mehrbedarf für eine kostenaufwendige Ernährung wird nur bei bestimmten (chronischen) Erkrankungen gewährt, wie unter anderem bei:

Achtung: Diese Liste der Erkrankungen, für die ein Mehrbedarf für eine kostenaufwendige Ernährung gewährt wird, ist unvollständig!

Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasserbereitung

Wird das Warmwasser nicht zentral erzeugt und stattdessen beispielsweise mit einem Durchlauferhitzer oder einer Gastherme bereitet, kann ein Mehrbedarf für die dezentrale Warmwassererzeugung gewährt werden.

Zwar ist ein Betrag für die Haushaltsenergie grundsätzlich im Regelsatz enthalten, jedoch deckt dieser nicht den erhöhten Energieverbrauch durch die dezentrale Warmwassererzeugung mit Gas oder Strom. Deshalb ist betroffenen Leistungsberechtigten gemäß § 21 Abs. 7 SGB II ein pauschalierter Mehrbedarf anzuerkennen:

Härtefallregelung

Die „Härtefallregelung“ für sonstige regelmäßige unabweisbare Mehrbedarfe gemäß § 21 Abs. 6 SGB II gilt, wenn neben den Bedarfen, die von der Regelleistung oder den bereits aufgeführten Mehrbedarfen umfasst sind, ein besonderer Bedarf in einer atypischen Lebenslage besteht (atypischer Bedarf). Der Bedarf wird als unabweisbar bewertet, sofern er in einer besonderen Situation auftritt und nicht vom Regelbedarf abgedeckt wird (qualitativer Mehrbedarf) oder zwar grundsätzlich im Regelbedarf enthalten ist, aber im konkreten Fall in überdurchschnittlichem Ausmaß auftritt (quantitativer Mehrbedarf).

Diese wäre beispielsweise der Fall, wenn stark körperlich beeinträchtigte Personen eine Putz- oder Haushaltshilfe benötigen. Ein weiteres Anwendungsbeispiel sind Fahrt- und/oder Übernachtungskosten, die bei der Wahrung des Umgangsrechts von getrennt lebenden Elternteilen mit dem Kind entstehen.

Achtung: Die Summe aller Mehrbedarfe mit Ausnahme der „Härtefallregelung“ darf insgesamt 100 Prozent der Regelleistung nicht übersteigen!

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