Ausbildung: Dann besteht ein Bürgergeld-Anspruch

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Auszubildende werden vom Staat vorranging durch das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) oder die Bundesausbildungsbeihilfe (BAB) gefördert. Reichen diese Zuschüsse nicht für die Kostendeckung aus oder erfüllen die Betroffenen nicht die Vorraussetzungen für diese Förderungen, können Auszubildende mitunter auch während der Ausbildung Bürgergeld beantragen.

Berufsausbildungsbeihilfe: Voraussetzungen und Anspruch

Die Faustregel ist: Wer eine Ausbildung macht, bekommt kein Bürgergeld vom Jobcenter. Vorrang hat hier immer die BAB. Diese Beihilfe gilt für alle, die:

  • an einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB) teilnehmen,
  • eine betriebliche oder außerbetriebliche Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf machen,
  • zu weit entfernt von dem Ausbildungsbetrieb wohnen, um zuhause wohnen zu bleiben,
  • eine Ausbildung machen, über 18 Jahre alt oder verheiratet sind oder mit einem Partner oder Partnerin zusammenleben,
  • eine Ausbildung machen, nicht in der Wohnung der Eltern leben und mindestens ein eigenes Kind haben,
  • derzeit in einer ausbildungsvorbereitenden Phase einer Assistierten Ausbildung (AsA) sind.

Wie viel Zuschuss gibt es bei BAB?

Wie viel Geld die Bundesagentur für Arbeit als Zuschuss zur Ausbildung zahlt ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Der Höchstsatz liegt derzeit bei 781 Euro pro Monat. Zur Berechnung werden verschiedene Faktoren herangezogen, darunter Kosten für die Grundversorgung, eine Mietpauschale, Bedarf für Arbeitskleidung und Fahrtkosten.

Die eigene Ausbildungsvergütung sowie anteilig das Einkommen der Eltern (insofern es über den festgesetzten Freibeträgen liegt) wird dann auf die monatlichen Kosten angerechnet. Die Differenz wird dann als BAB ausgezahlt. Die Agentur für Arbeit stellt auf ihrer Webseite einen BAB-Rechner zur Verfügung.

Auszubildende in einer Bürgergeld-Bedarfsgemeinschaft

Auszubildende können Teil einer Bürgergeld-Bedarfsgemeinschaft sein.

Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Azubis und Azubinen unter 25 Jahre alt sind, noch im Elternhaus wohnen und die Eltern oder ein Elternteil Bürgergeld beziehen. Unter diesen Umständen kann ein Teil der Ausbildungsvergütung auf das Bürgergeld der Eltern angerechnet werdem. Dabei wird folgendes Prinzip angewendet.

Die Ausbildungsvergütung wird bis zur Minijob-Grenze, die derzeit bei 520 Euro liegt, nicht auf das Bürgergeld angerechnet. Die Beträge zwischen 520 und 1000 Euro werden zu 70 Prozent auf das Bürgergeld angerechnet. Beträge zwischen 1000 und 1200 Euro werden zu 90 Prozent auf das Bürgergeld angerechnet.

Beispiel: Mark macht eine Ausbildung und wohnt zusammen mit seinen Eltern, die Bürgergeld beziehen. Seine Ausbildungsvergütung beträgt 1050 Euro.

Von diesem Gehalt darf Mark 520 Euro ohne Abzüge behalten. Von der Summe zwischen 520 und 1000 Euro (also 480 Euro) werden 70 Prozent auf das Bürgergeld angerechnet. Das sind 336 Euro. Die restlichen 30 Prozent (144 Euro) darf Mark ebenfalls behalten.

Die Summe über 1000 Euro, in diesem Fall sind das 50 Euro, wird zu 90 Prozent auf das Bürgergeld angerechnet. Das sind hier 45 Euro. Die restlichen 5 Euro gehen an Mark, sodass von seinen 1050 Euro 669 Euro überbleiben und 381 Euro auf das Bürgergeld der Bedarfsgemeinschaft angerechnet werden.

Können Azubis Bürgergeld beantragen?

In einigen Fällen haben Auszubildende auch selbst einen Anspruch auf Bürgergeld. Laut der Bundesagentur für Arbeit sollten Auszubildende jedoch immer erst grundsätzlich prüfen, ob bei einer schulischen Ausbildung oder einem Studium Anspruch auf BAföG besteht, beziehungsweise bei einer betriebliche Ausbildung ein Anspruch auf BAB.

Wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft oder die Vorraussetungen nicht gegeben sind und das monatliche Geld nicht zur Deckung des Lebensunterhalts reicht, können Auszubildende Bürgergeld beantragen.

Beispiel: Lisa (20) macht eine Ausbildung als Bürokauffrau. Sie erhält eine Ausbildungsvergütung von 885 € Netto. Zusätzlich erhält sie 250 € Kindergeld von den Eltern. Sie lebt in einer kleinen Wohnung, die monatlich 430 € Warmmiete kostet. Ihr Haushalteinkommen beträgt also 1.135 €. Nach Abzug der Miete bleiben ihr 705 € zum Leben. Hat Lisa einen Anspruch auf Bürgergeld?

Als alleinstehende Person mit eigener Wohnung steht ihr ein Regelsatz von 502 € zu. Darüber hinaus werden die Kosten für die Unterkunft übernommen, in diesem Fall sind das 430 €. Daraus ergibt sich ein Bedarf von 932 €. Auf diesen Bedarf wird das Kindergeld sowie ein Teil der Ausbildungsvergütung angerechnet.

Wie in dem oben genannten Beispiel von Mark gelten die ersten 520 Euro als Freibetrag und werden nicht auf das Bürgergeld angerechnet. Von der Summe zwischen 520 und 885 Euro, also 365 €, werden 70 Prozent auf das Bürgergeld angerechnet. Das sind 255,50 €.

Die restlichen 109,50 € werden zu Lisa´s Freibetrag hinzugerechnet. Dieser beträgt insgesamt 639,50 €. Die restlichen 245,50 € von ihrer Ausbildungsvergütung werden auf das Bürgergeld angerechnet.

Daraus ergibt sich dann folgender Bürgergeld Anspruch: 932 € Bedarf – 250 € Kindergeld – 245,50 € anrechenbare Ausbildungsvergütung = 436,50 € Bürgergeld.

Weiteres zu diesem Thema auch hier:
Praktisch jeder Azubi hat einen Anspruch auf Bürgergeld

Können Studierende Bürgergeld bekommen?

Studierende haben in den meisten Fällen kein Anspruch auf Bürgergeld. Vorrang hat hier immer das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), welches den Lebensunterhalt von Studentinnen und Studenten absichern soll. Es gibt jedoch einige Ausnahmen, in denen Studierende nach § 7 Absatz 6 Nr. 2 Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) eine Aufstockung zum BAföG beantragen können. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn

  • die Studierenden bei ihren Eltern wohnen,
  • ein außergewöhnlicher Härtefall vorliegt,
  • Mehrbedarfe benötigt werden, beispielsweise durch ein Kind, eine Schwangerschaft, eine chronische Krankheit oder eine Behinderung,
  • die Studierenden aufgrund einer Studienunterbrechung kein BAföG erhalten,
  • Studierende nur in Teilzeit studieren,
  • zwischen Bachelor und Master eine Studienunterbrechung von über einem Monat vorliegt,
  • Studierende minderjährige Kinder unter 15 Jahren haben, können diese unter bestimmten Umständen Bürgergeld erhalten.

Quellen:

Zweites Sozialgesetzbuch (SGB II)

Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG)